FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

103 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 anzutreffen sein wie bei Marktriesen. Das Re- search des Indexanbieters MSCI gelangte zu dem Schluss, dass man das Thema über drei Kennzahlen abbilden kann: Eigenkapitalrentabilität, Verschuldungsgrad und Ertragsvariabilität. Sie liefern Aufschluss darüber, ob man es mit einem Quality-Unter- nehmen zu tun hat oder nicht. Um nun einen Index zu erstellen, werden die passenden Titel aus einer Datenbank der insgesamt zur Aus- wahl stehenden Aktien herausgefiltert. Die sich ergebende Titelauswahl wird dann mit hi- storischen Daten getestet. Decken sich die Er- gebnisse mit den Erwartungen, hat man einen „Quality-Index“. Sicher ist zu dem Zeitpunkt aber nur, dass dieser Faktorindex in der Ver- gangenheit funktioniert hätte. Ob das so bleibt, weiß man erst Jahre später. Um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen: Die Indexpro- vider wissen das natürlich und set- zen alles daran, brauchbare, also robuste Indizes zu liefern. MSCI hat etwa den Beobachtungszeitraum schon 2014 von 25 auf 40 Jahre er- weitert. In einer durchaus selbstkri- tischen Analyse wurde die Perfor- mance der hauseigenen Faktoren über die letzten 40 Jahre rückge- rechnet, wobei man zu dem Ergebnis kam, dass sie nachhaltig war und in jüngerer Zeit sogar ge- stiegen ist. Multi-Faktor statt Faktor Die Fondsindustrie hat auf die Problematik der Schwächephasen einzelner Faktoren aber reagiert. Um die Risiken zu entschärfen, wurden diversifizierte Konzepte ausgearbeitet, die nicht nur auf einen Faktor setzen, sondern meh- rere kombinieren, man erkennt sie an der Bezeichnung „Multi-Faktor“. Abgesehen von der grundsätz- lichen Sinnhaftigkeit von Diversi- fikation steckt hinter dieser Idee die Erkenntnis, dass sich die einzelnen Faktoren auch dann, wenn sie zu den nachhaltigen Outperformern zählen, keineswegs immer syn- chron entwickeln. Viele Berechnun- gen haben gezeigt, dass Faktoren gute und schlechte Zeiten haben und für ihre Outperformance auch unterschiedlich lange Zeiträume benötigen. Die Ursache dafür ist sehr leicht am Beispiel der Dividendenrendite nachvoll- ziehbar. Wenn, wie derzeit, die Anleihenren- diten sehr tief sind, werden die Dividenden von soliden Unternehmen plötzlich sehr attraktiv. Mit der steigenden Nachfrage nach diesen Aktien werden sie naturgemäß teurer, womit ihre Dividendenrendite tendenziell sinkt und ihre Attraktivität als „Zinspapiere“ nachlässt. Dividendenwerte könnten also durchaus auch wieder aus der Mode kommen – wobei der Faktor „Dividende“ zu den sta- bilsten zählt. MSCI hat ausgerechnet, dass man den Markt damit in den 88 Jahren bis Juli 2015 jährlich um 1,5 Prozentpunkte schlagen konnte. Allerdings ist das ein Durchschnittswert, auch mit Dividendenaktien wird man früher oder später schlechter abschneiden als der Ge- samtmarkt. Wie lange eine solche Schwäche- phase dauert, ist nicht vorhersehbar. Und diese Problematik trifft auf jeden Faktor zu. Kritik an Multi-Faktor Auch die Kombination mehrerer Faktoren (Multi-Faktor) ist kein Garant für mehr Ren- dite. Immerhin verbessert diese Kombination die Chancen. Der im Mai dieses Jahres auf- gelegte PowerShares S&P 500 QVM UCITS ETF (ISIN: IE00BDZCKK11) kombiniert die Faktoren Quality, Value und Momentum, um den US-Leitindex zu übertreffen. In der Rück- rechnung über zehn Jahre wäre das auch gelungen (7,87 % p. a. vs. 6,74 % p. a.). Sieht man sich aber die Kalenderjahre an, zeigt sich, dass es hier doch zu beträchtlichen Abweichungen kommt. 2011 hätte der Fonds mehr als zehn Prozent verdient, während der Index nur 1,47 Prozent zulegen konnte, 2014 blieb der ETF jedoch mit 11,81 Prozent mehr als einen Prozent- punkt hinter dem S&P 500. Seit Fondsauflage im Sommer konnte er im Echtbetrieb überzeugen (sie- he Chart unten), aber ob der Multi- Faktor-ETF über die Jahre wirklich besser sein wird als der Gesamt- markt, ist offen. Christian Jasperneite, Chief In- vestment Officer von M.M. War- burg & CO., warnte in einem Inter- view zu dem Thema mit Mornings- tar Deutschland davor, zu glauben, dass die simple Kombination von Faktoren zu Mehrerträgen führt. Tatsächlich könne sogar das Ge- genteil passieren. Jasperneite zu Morningstar: „... die einzelnen Fak- tor-Portfolios und -ETFs bestehen eben nicht nur aus dieser einen Ei- genschaft, die man haben will. Sie weisen darüber hinaus Exposure zu anderen Faktoren auf, negatives wie positives. Beispielsweise be- kommt man heute negative Value- Eigenschaften ins Portfolio, wenn man auf Minimum-Volatility- und Quality-Aktien setzt. Füge ich dem Portfolio dann noch den Faktor Va- lue bei, dann ist so ein Portfolio in der Gesamtschau nicht zwingend Dynamischer Multi-Faktor-Ansatz im Vergleich Deutliche Überlegenheit der dynamischen Strategie Die US-Gesellschaft Research Affiliate zählt zu den Pionieren des Faktorinvest- ments. Hier sieht man das relative Abschneiden ihres RAFI-Dynamic-Multi-Factor- Ansatzes. Die Allokation der Faktoren Value, Low Vola, Quality Momentum, Size wird quartalsweise angepasst. Quelle: Research Affiliates Multi-Faktor-Fonds vs. S&P 500 Index iShares S&P 500 QVM UCITS ETF Der im Sommer 2017 aufgelegte iShares S&P 500 QVM UCITS ETF kombiniert die Faktoren Quality, Value und Momentum, um den S&P 500 Index zu schlagen. Sowohl in der langjährigen Rückrechnung als auch seit dem echten Fondsstart ist das gut gelungen, dennoch zeigt der Backtest auch, dass man nicht zu jedem Zeit- punkt eine Outperformance erwarten kann. 1,0 2,0 4,0 8,0 log. Z 15 2010 05 2000 95 1990 85 1980 75 1970 RAFI Dynamic Multi-Factor RAFI Value Factor RA Momentum Factor RAFI Size Factor RAFI LV Factor RAFI Quality Factor P 98 % 100 % 102 % 104 % 106 % 108 % 110 % Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Powershares S&P 500 QVM UCITS ETF - USD Dis S&P 500 Index (blau)

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