FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

89 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 Möglichkeiten? Bezalel: Durchaus. Etwa im vergangenen Jahr, als es zum sogenannten „Trump Reflation Trade“ kam. Die langfristigen Zinsen sind gestiegen, und wir sind zunächst sehr schnell aus dem Markt ausgestiegen und haben unsere Duration erheblich verkürzt. Aber sobald die Treasuries wieder bei einem Niveau von 2,5 oder 2,6 Prozent standen, waren sie wieder ein Kauf. Man darf nicht vergessen, dass jede An- hebung um einen Prozentpunkt bei den Zinsen eine Erhöhung der Zinslast um 200 Milliarden US-Dollar für den amerikanischen Haushalt be- deutet, der ohnehin schon auf einem Schulden- berg von 20 Billionen US-Dollar sitzt. Aus die- sem Grund kann sich eine amerikanische Regie- rung im Grunde einfach keine höheren Zinsen erlauben. So führt jeder Anstieg früher oder spä- ter wieder zu einem Rückgang der Zinsen. Und es ist schwer zu erkennen, wie und wann das en- den soll. Im Grunde sind wir gefangen in einem Dilemma niedrigen Wachstums. Moore: Wobei es meiner Ansicht durchaus zu einem Anstieg zumindest der kurzfristigen Zin- sen kommen kann. Das wäre dann aber keine Konsequenz aus einem höheren Wachstum, son- dern die Folge höherer Inflation. Denn es ist durchaus möglich, in einem Umfeld geringen Wachstums aufgrund von inflationärem Druck höhere Zinsen zu haben. So würde etwa ein Zusammen- bruch von Handelsbeziehungen zu einem Anstieg der Inflation und der Zinsen führen, und gleichzeitig müssten wir uns auf ein Umfeld niedrigen Wachstums einstellen. Das wäre natür- lich ein extrem negatives wirtschaft- liches Szenario. Flossbach: Ich glaube, man darf bei solchen Vergleichen mit Japan eines nicht vergessen: Japan ist geografisch und wirtschaftlich eine Art Insel inner- halb einer insgesamt wachsenden Welt- wirtschaft. Und nur aufgrund dieser inselartigen Entwicklung ist es möglich, einen Verschuldungsgrad von 250 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verkraften. Daher hinkt der Vergleich mit Japan in Bezug auf die Weltwirt- schaft als Ganzes, denn das würde nicht funktionieren. Heuser: Aber es hält sich doch immer noch die Erwartung einer sogenannte Zinswende. Wie ist das vor dem Hin- tergrund der hier gehörten Argumente zu er- klären? Flossbach: Wobei man sagen muss, dass dieser Begriff im Juni dieses Jahres die Schlagzeilen beherrscht hat, inzwischen ist er aus der Bericht- erstattung eher wieder verschwunden. Die Vor- stellung, dass die USA in eine Situation mit zwei Prozent Wachstum und 1,5 Prozent Inflation ein- treten werden, was einen Zins bei zehnjährigen Anleihen mit sich bringen würde, der bei 3,5 oder vier Prozent läge, ist aus einem anderen Grund vollkommen abwegig. Es mag durchaus plausibel klingen, aber man sollte dabei nicht verkennen, dass die Zinsen in den USA mehr oder weniger hier in Europa bestimmt werden. Denn die USA können nicht auf ein Zinsniveau von 3,5 oder vier Prozent steigen, wenn wir hier in Europa auf dem aktuell erreichten Niveau stehen bleiben. Moore: Sie meinen aufgrund von entsprechen- den Verwerfungen bei den Währungen? Flossbach: Ich würde so viele US-Treasuries kaufen wie noch nie in meinem Leben, wenn die amerikanischen Zinsen bei 3,5 und die Bundren- dite bei 0,4 oder 0,5 Prozent stehen würden. Das wäre ein Gap von 2,1 Prozentpunkten zwischen den USA und Europa und damit nah am höchs- ten Zinsunterschied, den wir Anfang der achtzi- ger Jahre hatten – damals aufgrund von massi- ven Störungen der Märkte wegen des enormen Anstiegs der Inflation. In einer solchen Situation würde es sich sogar lohnen, US-Papiere zu kau- fen und zwei Prozent für den Währungshedge zu bezahlen. Damit würde man immer noch ein gutes Geschäft machen. Bezalel: Im Zusammenhang mit demArgument der starken Abhängigkeit zwischen den Renten- märkten in den USA und Europa ist doch bemerkenswert, dass inzwischen europäische High-Yield-Anlagen auf dem gleichen Zins- Stephen Moore: „Es ist durchaus möglich, in einem Umfeld geringen Wachstums aufgrund von inflationärem Druck höhere Zinsen zu haben.“ Franz Weis: „Die Entscheidung über die Höhe der kurzfristi- gen Zinsen hat auf Sicht von fünf Jahren kaum einen Einfluss auf die Gewinnentwicklung eines Unternehmens.“ » Die Ertragsfähigkeiten von Banken und anderen Finanzwerten sind so gut wie unmöglich zu prognostizieren, eben weil sie extrem zyklisch sind. « Franz Weis, Comgest

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