FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017
87 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 die am schlechtesten abschneidenden Märkte in meinem Universum der Frontier Markets. Natürlich sind die Entwicklungen in den großen Kapitalmärkten von einer gewissen Bedeutung, aber sehr viel entscheidender sind die Gescheh- nisse in den jeweils heimischen Märkten, in denen wir investieren. Sauren: Geben Sie uns ein Beispiel? Böttcher: Für mich ist zum Beispiel interessant, wie sich die Inflation in Argentinien weiter entwickeln wird. Denn wir stehen gerade vor der Entscheidung, uns an der Kapitalerhöhung einer argentinischen Bank zu beteiligen, die eine Nettozinsmarge von sage und schreibe 17 Pro- zent aufzuweisen hat. Vor diesem Hintergrund interessiert mich sehr viel mehr, wie es mit den Zinsen in Argentinien weitergeht, wenn die Inflation von 30 auf 25 Prozent oder noch weiter fällt. Oder nehmen Sie als Beispiel Rumänien, das einen Schuldenstand von lediglich 30 Pro- zent seines Bruttoinlandsprodukts aufweist, was wahrscheinlich kaum einem Marktteilnehmer bekannt sein dürfte. Aber es sind solche Zahlen, die für mich interessant sind – und weniger ob die US-Notenbank noch in diesem Jahr oder erst Anfang 2018 die Zinsen erhöhen wird. Franz Weis (Comgest): Aus ganz ande- ren Gründen bin auch ich als Manager eines auf europäische Qualitätswerte ausgerichteten Aktienfonds nicht der große Beobachter der Geldpolitik und der makroökonomischen Veränderun- gen. Zumal eines der wesentlichen Stra- tegiekriterien, das wir definiert haben, lautet, dass wir in Qualitätswerte inves- tieren, die so gering wie möglich vom Wirtschaftszyklus abhängen. Denn die Entscheidung über die Höhe der kurz- fristigen Zinsen hat auf Sicht von fünf Jahren kaum einen Einfluss auf die Ge- winnentwicklung eines Unternehmens. Aber das ist die Kategorie, in der wir denken. Der Markt blickt natürlich immer auf die aktuellen Geschehnisse in der Wirtschaft. Aber die langfristigen Effekte sind eben vergleichsweise ge- ring. Ein weiteres Kriterium für unseren Managementstil ist die Vorhersagbarkeit von Gewinnen auf lange Sicht. Deshalb gibt es Branchen, in die wir noch nie investiert haben. Dazu gehören bei- spielsweise Banken und andere Finanz- werte, weil deren Ertragsfähigkeiten so gut wie unmöglich zu prognostizieren sind, eben weil sie extrem zyklisch und extrem abhängig vom Wirtschaftszyklus sind. Heuser: Dann gibt es so etwas wie Tabuwerte für Sie? Weis: So würde ich das nicht sagen, aber wir investieren nicht in Zykliker, Rohstoffe oder eben Finanzwerte. Wir würden das Geld unserer Fondskunden nicht in Aktien investieren, deren Wohl und Wehe von Angebot und Nachfrage abhängig ist. Wir versuchen uns auf die wenigen Unternehmen zu konzentrieren, die in der Lage sind, ihre Gewinnmargen auch in Zeiten einer plötzlichen Krise möglichst aufrechtzuerhalten. Wir setzen auf Unternehmen mit einer gewissen Preissetzungsmacht, deren Wachstums- und Gewinnentwicklung auf möglichst lange Sicht vorhersagbar sind. Wir finden es einfach wesent- lich einfacher, valide Langfristprognosen für einzelne Geschäftsmodelle und ausgewählte Unternehmen zu erstellen, als Aussagen über den Zinszyklus oder die weitere Entwicklung der Wirtschaft zu treffen. Boyd: Dem würde ich mich gern anschließen, weil wir auf internationaler Ebene einen ähnli- chen Managementstil verfolgen. Im vergangenen Jahr waren die letzten neun Monate des Jahres insofern interessant, als wir eine Phase erlebt haben, in der Trump gewählt wurde und die Zin- sen zu drehen begannen. Das hat dazu geführt, dass Unternehmen und Branchen, in die wir in- vestieren, sich zeitweise eher schlecht entwickelt haben, als Banken, aber auch Rohstoffe und Energie outzuperformen begannen. Deshalb ge- he ich davon aus, dass in einer Zeit, in der die Zinsen ansteigen, ein Gutteil der Werte, in die wir investieren, vereinfacht gesagt, aus der Mode kommen wird. Wirklich Angst macht mir das nicht: zum einen weil solche Phasen erfahrungs- gemäß nicht lange halten, zum anderen weil ich nach wie vor davon ausgehe, dass die Zinsen noch sehr lange sehr niedrig bleiben werden. Henning Gebhardt: „Zu einem anstehenden Wechsel in der Zentralbankpolitik kommt die Auswechslung von wichtigem Personal in den Zentralbanken hinzu.“ Moni Sternbach: „Die Entscheidungen von Zentralbanken spielen für mich als Long/Short-Manager nicht wirklich eine entscheidende Rolle.“ » Prognosen sind häufig so weit von der tatsächlichen Realität entfernt, dass ich mich schon lange von der Kristallkugel verabschiedet habe. « Moni Sternbach, GLG Partners
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