FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017
Heuser: Was ist daran auszusetzen? Jain: Erlauben Sie mir eine Gegenfrage: Ha- ben Sie schon eine Fondsgesellschaft getrof- fen, die von sich behauptet, sie agiere undis- zipliniert? Beim Thema Stabilität bin ich der Ansicht, dass man mit allzu stabilen Verhält- nissen Gefahr läuft, in Stagnation zu verfallen. Eine gewisse Bewegungsfreiheit kann nur gesund sein nach dem Motto: Entwickle dich weiter, sonst verschwindest du vom Markt. Heuser: Und das gilt auch für Ihren Ma- nagementstil als Fondslenker? Jain: Wie gesagt, Index-Hugger gibt es ohne- hin viel zu viele. Deshalb werden meine Port- folios immer einen hohen Active Share auf- weisen. Und auch dabei gilt: nach vorne schauen und auf der Basis von extensivem Research möglichst viele richtige Entschei- dungen treffen. Deshalb sind Daten natürlich von besonderer Bedeutung. Aber Zahlen und Daten allein helfen einem nicht. Es gibt viel zu viele Fondsmanager, die immer nur in den Rückspiegel schauen und Qualität von gestern in die Zukunft fortschreiben. Aber Eastman Kodak war eine Zeitlang auch ein echter Qua- litätswert – bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Gesellschaft aufgehört hat, einer zu sein. Heuser: Dazu gehört dann aber doch auch, dass man rechtzeitig seine eigenen Grenzen erkennt. Sie managen neben dem Schwel- lenländerfonds auch jeweils ein Mandat für globale Aktien sowie für internationale Aktien ex-USA. Trauen Sie sich da nicht ein bisschen viel zu? Jain: Aus meiner Sicht nicht. Auch wenn man mir das Etikett „Emerging Markets“ ange- hängt hat, habe ich schon immer auch globale Portfolios gemanagt. Und ich bin selbstbe- wusst genug zu behaupten, dass man ein bes- serer Manager für Schwellenländer ist, wenn man auch weltweit anlegende Fonds managt und umgekehrt – einfach weil man dadurch einen besseren Einblick in das Gesamtgesche- hen der weltweiten Kapitalmärkte hat. Das habe ich meiner Ansicht nach selbst in einem so schwierigen Jahr wie 2008 unter Beweis gestellt, als wir – anders als andere Fondsma- nager – sogar Assets hinzugewinnen konnten. Und beim Thema „eigene Grenzen“ haben wir durchaus unsere eigenen Prinzipien … Heuser: … die wie aussehen? Jain: Ein zwar nicht konkret quantifizierbarer, aber dennoch gültiger Grundsatz unserer Ge- sellschaft lautet: Kein Wachstum um jeden Preis, aber ein stetiges Wachstum. Eine zah- lenmäßig durchaus konkrete Prämisse haben wir uns auch gesetzt, und zwar im Hinblick auf das maximale Volumen, das wir mit unserem Emerging-Markets-Fonds managen wollen. Dieses liegt bei einem Fondsvermö- gen von zehn Milliarden US-Dollar. Da sind wir derzeit noch nicht, denn unser bis jetzt verwaltetes Gesamtvermögen von wie gesagt 7,8 Milliarden US-Dollar teilt sich jeweils zu rund einem Drittel auf den GQG Partners Emerging Markets Equity Fund und die globale sowie die internationale Aktienstra- tegie ex-USA. Heuser: Wie ist der Fonds aktuell investiert? Jain: Gegenüber unserer Benchmark MSCI Emerging Markets Index haben wir ein klares Übergewicht in russi- schen Aktien – ein Kapitalmarkt, den ich fast mein ganzes Berufsleben lang mehr oder weniger gemieden habe. Das mag auf den ersten Blick verwundern, denn der russische RTS Index hat in den ersten beiden Quartalen des laufenden Jahres gut acht Prozent ver- loren, konnte aber im dritten Vierteljahr deut- lich Boden gutmachen. Das gilt auch für unsere zweite deutliche Übergewichtung gegenüber der Benchmark, unser Investment in brasilianische Aktien, die seit Jahresbeginn deutlich im Plus sind. Beide Entscheidungen könnten wichtige Treiber unserer künftigen Performance im Vergleich zur Benchmark sowie zur Peergroup werden, auch wenn unsere Performance seit Jahresbeginn unter dem schlechten Start beider Märkte wohl ge- litten hat. Heuser: Welche Überlegungen stehen je- weils hinter diesen Entscheidungen? Jain: In Brasilien ist es die Tatsache, dass das Land offenbar den Weg aus der Rezession heraus gefunden hat. Was für Russland ge- sprochen hat, das ist eine erstarkende Wirt- schaft bei gleichzeitig sinkenden Arbeitslosen- zahlen sowie niedrigeren Zinsen. Insgesamt könnte Russland sich meiner Ansicht nach sogar zu einem unserer besten Investments mit Blick auf die nächsten drei bis fünf Jahre entwickeln. Unsere größte Position in beiden Ländern ist jeweils ein Bankentitel, die russi- sche Sberbank sowie die brasilianische Itau Banking, die beide auch zu den Top-Ten- Positionen im Fonds gehören. Heuser: Wovon lassen Sie aktuell eher die Finger? Rajiv Jain: „Als durchschnittlicher Manager eines Investmentfonds hat man keine wirkliche Existenzberechtigung, wenn man nicht in der Lage ist, einen simplen Index outzuperformen.“ 50 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör » Russland könnte sich meiner Ansicht nach zu einem unserer besten Investments mit Blick auf die nächsten drei bis fünf Jahre entwickeln. « Rajiv Jain, GQG Partners KREUZ VERHÖR Alle Fotos: © Brian Immke | Adept Studios
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