FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

222 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 wird einfach von vornherein ausgeschlossen, dass eine Aufzeichnungsverpflichtung zum Tragen kommt. Dieses Vorgehen bestätigt im Übrigen auch Alexander Varga, Geschäftsfüh- rer des Pools Jung DMS & Cie. in Österreich. So wird es laut Varga in Zukunft klare Leitli- nien geben, die von den Beratern einzuhalten sind. „Eine Aufzeichnung der Telefongesprä- che wird es bei uns nicht geben, da wir keine Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Telefon zulassen werden“, erklärt der Poolchef. Informationspflichten Daneben wird auch die Umsetzung der Be- richts- und Informationspflichten die Unter- nehmen in nächster Zeit noch stärker beschäf- tigen. So gilt es laut Bohrn zu klären, wie in Zukunft über Kosten und Nachkosten infor- miert werden muss. „Portfolioverwalter müs- sen Kunden in Zukunft etwa darüber infor- mieren, wenn das Portfolio vom letzten Be- richtszeitraum zehn Prozent verloren hat. Da wird man mit den Depotbanken Lösungen su- chen müssen“, liefert der Fachgruppenge- schäftsführer ein Beispiel. Auch wenn für einen Großteil der Neuerungen durch Mifid II schon durchaus klar ist, wie diese in der Praxis umzusetzen sein werden, zeigt sich also, dass doch noch einige Fragen offen sind. So gibt auch Ritzinger zu, dass seitens der Fi- nanzmarktaufsicht (FMA) noch etliche Punkte abzuarbeiten sind. Die seiner Meinung nach wichtigsten hat der Experte für FONDS pro- fessionell zusammengefasst (siehe Kasten). Die offenen Fragen müssen nun mit der FMA geklärt werden, woran auch die Wirtschafts- kammer interessiert ist. „Mit der FMA wird es im Herbst sechs Roadshow-Termine in ganz Österreich geben. Es sind auch zwei Ver- anstaltungen nur für die Wertpapierfirmen geplant, um offene Fragen zu klären“, kündigt Bohrn an. Zudem verweist der WK-Mann auf das WKO-Online-Angebot: „Wir haben eine Checkliste und einen Fragen-und-Antworten- Katalog ausgearbeitet. Auf unserer Internet- seite finden unsere Mitglieder alle Dokumente und Unterlagen, etwa auch ein Musterhand- buch zu Mifid II.“ Fazit: Auch wenn bis zur Umsetzung der ungeliebten EU-Richtlinie noch knapp drei Monate Zeit sind, könnte es für einige Markt- teilnehmer knapp werden. Ihnen kann nur geraten werden, sich möglichst rasch mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich pro- fessionell Hilfe zu holen. GEORG PANKL | FP steuer & recht I mifid II Foto: © Marlene Fröhlich Kapitalmarkt Consult Andreas Dolezal, SCA: „Kleinere konzessionierte Unternehmen haben noch einigen Aufholbedarf.“ Mag. Günther Ritzinger, Kapitalmarkt Consult: „Besonders stark wird es jedenfalls die Haftungsdächer treffen.“ Mag. Philipp Bohrn, WKO: „Der Branche steht noch ein heißer Herbst bevor.“ Wesentliche offene Fragen zum WAG 2018 Produktüberwachung 1. Vor dem Hintergrund des weiten Gesetzesbegriffs des „Konzepteurs“ im Sinne der Produktüberwachungspflich- ten: Wer aller fällt unter diesen Begriff (etwa auch der Fondsinitiator, zumal dieser maßgeblich an der Entwick- lung und Gestaltung des Fonds beteiligt ist)? 2. Fällt eine standardisierte und/oder individuelle Vermö- gensverwaltung unter die Produktregulierungsvorschriften? 3. Müssen Fondsanbieter Zielmarktdefinitionen innerhalb des Fonds auch auf Einzeltitelebene vorweisen können? 4. Müssen Vermögensverwalter Zielmarktdefinitionen auch auf Ebene der im Rahmen der Verwaltung eingesetzten Finanzinstrumente vorweisen können? 5. Haben Vertreiber ihre Produktüberwachungspflichten auch hinsichtlich bereits vermittelter Finanzinstrumente (Bestand) wahrzunehmen oder erst dann, wenn sie Finanz- instrumente ab dem 3. Jänner 2018 anbieten oder empfehlen? 6. Nicht abschließend geklärt ist die Frage, inwieweit sich Vertreiber auf Zielmarktbestimmungen von Konzepteuren verlassen dürfen. Reicht hier die Prüfung auf Plausibilität durch den Vertreiber? Unabhängige vs. nichtunabhängige Beratung 7. Kann ein Institut sowohl unabhängige als auch nicht- unabhängige Beratung erbringen? 8. Kann ein Berater (z.B. Wertpapiervermittler) eines Insti- tuts sowohl unabhängige als auch nichtunabhängige Beratung erbringen? 9. Kann ein Berater hinsichtlich ein und desselben Kunden sowohl unabhängige als auch nichtunabhängige Beratung erbringen? Eignungstest 10. Was ist der genaue Zeitpunkt der verpflichtenden Über- mittlung der Erklärung zur Geeignetheit bei Anlageberatung gegenüber Privatkunden (so wirft der gesetzliche Passus „vor Durchführung des Geschäfts“ z.B. bei reiner Anlage- beratung diese Frage plastisch auf)? Aufzeichnung von Telefongesprächen 11. Hat ein Portfolioverwalter die von ihm telefonisch er- teilten Orders aufzuzeichnen (es handelt sich hierbei ja streng betrachtet gerade nicht um einen Kundenauftrag)? Schutz des Kundenvermögens 12. Finden die Bestimmungen über den Schutz des Kun- denvermögens (teilweise) auch Anwendung auf Instituts- typen, die in Österreich nicht zum Halten von Kundenver- mögen befugt sind (z.B. Wertpapierfirmen)? Insbesondere etwa die Pflicht zur Benennung eines entsprechenden Beauftragten? Quelle: Kapitalmarkt Consult, Stand: 6.9.2017

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