FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

219 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 Gesetzgebung klären. Aber auf Level I gibt es keine Kollisionen zwischen Mifid II und der EU-Datenschutzverordnung. Die Branche bezeichnet die Product Go- vernance als den wohl größten Kraftakt bei der Umsetzung von Mifid II, weil sie so komplex ist. Sind Sie wirklich der Ansicht, dass ein derart aufwendiger Prozess nötig ist, um für mehr Verbrau- cherschutz zu sorgen? Schauen wir uns eine aktuelle Entwicklung an: Die Statistik zeigt, dass in der Europäi- schen Union institutionelle Investoren mo- mentan viel häufiger passive Finanzinstru- mente nutzen als Endkunden. Dabei wären diese professionellen Investoren doch noch am ehesten in der Lage, erfolgreiche Asset Manager ausfindig zu machen, die mit ihren Fonds eine Outperfomance erzielen. Wenn sie passiv investieren, warum steckt dann so viel Geld von Endkunden in teuren aktiv gema- nagten Fonds? Es ist noch ein weiter Weg, bis Kunden wirklich die Produkte bekommen, die für sie am besten geeignet sind. Ich gebe zu, die Product Governance bringt für die Finanz- branche zusätzliche Anforderungen und macht Investitionen in die IT notwendig. Aber wir sind in Sachen Anlegerschutz nun einmal noch nicht da, wo wir sein sollten. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ja, ich erachte die neuen Regelungen für erforderlich. Müssten Ihrer Ansicht nach – letztend- lich auch im Sinne des Anlegerschutzes – große Fondsgesellschaften nicht ähnlich beaufsichtigt werden wie Banken? Eini- ge Politiker meinen, große Asset Mana- ger seien systemrelevant, und fordern daher eine verstärkte Aufsicht. Nein. Wir haben uns mit diesem Thema aus- führlich auseinandergesetzt. Die Branche der Asset Manager unterscheidet sich sehr stark vom Bankensektor. Nach meiner Auffassung sind Asset Manager nicht systemrelevant, und das wird auf internationaler Ebene inzwischen ebenso gesehen. Dennoch können bestimmte Aktivitäten großer Investmentgesellschaften natürlich Stabilitätsrisiken erzeugen. Die ESMA und die internationalen Regulierungs- behörden untersuchen daher aktuell, welche Aktivitäten riskant sein könnten. Aber wir stürzen uns momentan nicht auf große Fonds- gesellschaften, prüfen ihre Systemrelevanz und streben an, sie stärker zu beaufsichtigen. Es gibt auch immer wieder Stimmen, die eine Zusammenlegung der EU-Finanz- aufsichtsbehörden fordern. Was meinen Sie? Wäre es nicht sinnvoll, eine zentrale Behörde für Wertpapieraufsicht, Versi- cherungen und Banken zu schaffen? Dagegen sprechen aus meiner Sicht mehrere Gründe. Zum einen ist nicht zu erkennen, dass die Regulierung in EU-Mitgliedsstaaten mit einer integrierten Aufsicht besser funktioniert als dort, wo sie fragmentiert ist. Zum anderen besteht die Arbeit der europäischen Regulie- rungsbehörden zum größten Teil eben darin, Regulierung zu erarbeiten, und weniger darin, Aufsichtsaufgaben wahrzunehmen. Ich per- sönlich hoffe, dass die ESMA weiterhin als eigenständige Behörde tätig sein kann. Europa arbeitet derzeit an der Kapitalmarktunion. Unter diesem Gesichtspunkt ist es sehr gut, eine Institution zu haben, die für dieses The- ma zuständig ist. Die Erfahrung zeigt schließ- lich, dass etwa Bankenthemen in integrierten Institutionen oft mehr Beachtung finden als Kapitalmarktthemen. Aber ob die europäi- schen Regulierer fusioniert werden oder nicht, liegt ohnehin nicht in der Entscheidungs- kompetenz der ESMA. Kommen wir auf Mifid II zurück. Wel- ches Land ist mit der Umsetzung in das nationale Recht am weitesten, und wo stehen wir in Deutschland? Das kann ich Ihnen nicht sagen. Es ist die Kommission, die den Umsetzungsprozess überwacht. Sie hat auch entsprechende Instru- mente zur Verfügung, um einzelne EU-Mit- gliedsländer zur Ordnung zu rufen, wenn sie in Verzug sind. Der ESMA kommen solche Aufgaben nicht zu. Dann lassen Sie uns zu guter Letzt einen Blick in die Zukunft tun: Wann beginnt die Arbeit an Mifid III? Oh, ich glaube, wir tun allen Beteiligten einen großen Gefallen, wenn wir vorerst nicht über Mifid III reden. Die Umsetzung von Mifid II steht bei den Marktteilnehmern im Moment ganz oben auf der To-do-Liste. In der Richt- linie selbst sind für viele Bereiche bereits Evaluierungen vorgesehen. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass Mifid II im Lauf der Zeit angepasst wird. Ich bin überzeugt davon, dass die neuen Regelungen Verbesserungen brin- gen werden. Auch die Umsetzung von Mifid I war ein riesiges und kräftezehrendes Projekt. Aber im Rückblick erkennt man, dass es sich gelohnt hat. So wird es auch mit Mifid II sein. Aber über ein Großprojekt Mifid III – nein, lassen Sie uns darüber heute bitte noch nicht sprechen. Vielen Dank für das Gespräch. ANDREA MARTENS | FP » Ich glaube, wir tun allen Beteiligten einen großen Gefallen, wenn wir vorerst nicht über ein Großprojekt Mifid III sprechen. « Steven Maijoor, ESMA Steven Maijoor: „Ich gebe zu, die Product Governance bringt für die Finanzbranche zusätzliche Anforderungen und macht Investitionen in die IT notwendig.“

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=