FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017
211 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 Da sind wir wie die anderen Banken gezwungen, zu emittieren. Deswe- gen war das Rating so wichtig. (Die Volksbank kündigte Mitte September die Neuemission einer zehnjährigen Anleihe an, mit der bis zu 400 Mil- lionen Euro eingenommen werden sollen., Anm.) Was passiert, wenn der Staat mit seinen Anteilen aus der Volksbank rausgeht? Ist ir- gendwann eine Strukturän- derung oder ein Börsengang möglich? Der Staat ist jetzt mit rund 23 Pro- zent beteiligt. Diese Anteile hat er von den anderen Aktionären bekom- men. Wenn der Staat zurückbezahlt wurde ( das Partizipationskapital, Anm. ), gibt er sie an die Aktionäre zurück. Wenn wir nicht zurückzah- len, kann er frei disponieren. Die Volksban- ken, und so auch die Volksbank Wien, sind im Besitz von Verwaltungsgenossenschaften: Geschichtlich waren ja alle Volksbanken Ge- nossenschaftsbanken. Im Rahmen der Fusio- nen ist der Bankbetrieb in Aktiengesellschaf- ten ausgebracht worden. Die Verwaltungsge- nossenschaften sind als Besitzer des Bankbe- triebs zurückgeblieben. Und die finanzieren sich wiederum über den ständigen Verkauf von Genossenschaftsanteilen. So stärken sie den Bankbetrieb im Eigenkapital. Was kann theoretisch passieren? Sollte man Eigenkapital benötigen, das über das potenzielle Volumen des Genossenschaftskapitals hinausgeht, das man durch neue Genossenschafter bekommt, dann kann es einmal sein, dass man etwas von der Börse braucht. Im Moment sind wir ausreichend kapitalisiert, aber wenn wir es einmal brauchen, würde ich es nicht per se ausschließen. Die Marchfelder Bank wollte nicht mit der VB-Wien fusionieren und wurde fristlos aus demVerbund ausgeschlossen. Der 2016er-Bericht war nun erstaunlich gut. Sie haben kürzlich mögliche weitere Großfusionen in den Raum gestellt – eventuell Wien mit Niederösterreich. Was ist, wenn wieder eine Volksbank sagt, ich trage das nicht mehr mit und folge dem Marchfelder Beispiel? Unser Restrukturierungsprozess basierte bei allem Druck der Aufsicht und des Staates auf freiwilliger Basis. Deswegen war es ja ma- nagementtechnisch so kompliziert. Es war ein freiwilliger Prozess mit Bewertungsgutachten, Beschlüssen in den Generalversammlungen und so weiter. Der Volksbanken-Verbund hat während der Krise 2008 ein Problem bekom- men. Die Restrukturierung war der Preis, den Verbund weiterleben zu lassen. Das genossen- schaftliche Wesen ist stark auf Solidarität auf- gebaut; die 58 Volksbanken – die meisten waren sehr gesund – haben sich entschlossen, zusammenzuhalten. Dann gibt’s halt den einen oder anderen, der die Solidarität nicht so lebt. Der Verbund hat 26 Milliarden Euro Bilanzsumme, die Marchfelder Bank gibt eine tolle Geschichte her, ist aber fundamental egal. Im neuen Verbund haben die Mitglieds- banken einen Kündigungsverzicht. Es kann im Rahmen der unbeschränkten wechselsei- tigen Haftung anders als in anderen Sektoren nicht einfach einer aussteigen. Und dieser Kündigungsverzicht dauert bis 2020 oder 2023 – je nachdem, wann der Staat ausbezahlt ist? Ja, bis dahin muss man stabil dastehen. Im Geschäftsbericht für das Jahr 2016 ist vomAusbau des digitalen Ban- kings im Jahr 2017 die Rede. Was wurde daraus? Wir haben im Herbst unser neues Volksbank Banking lanciert. Das ist das klassische Netbanking, das heute jeder erwartet. In den nächsten Wochen wird es möglich sein, bei uns online ein Konto zu eröffnen. Die FMA-Vorgabe, die das per digi- taler Unterschrift ermöglicht, gibt es seit Jahresanfang. So arbeiten wir uns Produkt für Produkt weiter. Wir planen mit der Teambank einen Konsumentenkredit über die App. Dann arbeiten wir sehr intensiv an allen Arten von Wallet-Lösungen, damit man Kreditkarten am Handy und nicht mehr im Portemonnaie hat. 2018 wird im Zeichen der Lösungen für KMU stehen. 60 Prozent unserer Ausleihungen gehen an KMU. Da geht es um Services, wo man seine Rechnun- gen verbuchen oder Steuererklärungen auto- matisch machen kann und Ähnliches. Wie wettbewerbsfähig ist die Volksbank eigentlich bei den zuerst angesprochenen Wohnbaufinanzierungen? Der Markt an Wohnbaukrediten wächst um drei bis vier Prozent. Da wachsen wir mit. Man muss aber offen sagen, auch ein treuer Stammkunde holt normalerweise zwei bis drei Angebote ein und lizitiert zumindest die Hausbank nach unten. Wir legen Wert darauf, dass wir innerhalb von wenigen Tagen den Kunden eine fixe Zusage geben können. Bei so einer Entscheidung ist wichtig, dass man schnell weiß, diesen Betrag bekomme ich. Andere Banken kooperieren mit Fin- techs. Wie sieht es bei Ihnen aus? Wir müssen die Technik hinstellen, damit so was funktioniert. Wir haben ein allgemeines Rechenzentrum gemeinsam mit den Hypo- und Privatbanken. Da errichten wir gerade eine Schnittstelle, damit man Fintechs in die Bankensoftware integriert. Das sollten wir in den nächsten sechs Monaten erledigt haben. Zum zweiten sind wir Teilnehmer bei „wexe- lerate“ ( Start-up-Zentrum in Wien, Anm. ), das uns beim Fintech-Screening helfen soll. Wir sind nicht groß genug, das allein zu tun. Da setzen wir auf die Kooperation. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP » Im Moment sind wir ausrei- chend kapitalisiert. Sollten wir Eigenkapital benötigen, schließe ich einen Börsengang nicht aus. « Gerald Fleischmann, Generaldirektor der Volksbank Wien
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