FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017
Ein derzeit häufig diskutiertes Thema in der Fondsbranche ist der Umgang mit den Kosten für das Fondsresearch, die es mit der Umsetzung der EU-Richtlinie Mifid II auszuweisen gilt. Ihr Haus hat sich sehr früh dafür entschieden, die Kosten zu übernehmen, statt sie wie andere dem Anleger zu belasten. Was waren die Gründe dafür? Willcox: Lassen Sie mich dazu zunächst ein- mal feststellen, dass wir aus meiner Sicht über eine Research-Plattform verfügen, um die uns viele unserer Mitbewerber durchaus beneiden. Damit haben wir ein Asset, mit dem wir auf- grund von eigenen Einsichten in das Gesche- hen an den Kapitalmärkten bei unseren Kun- den in Form von überdurchschnittlichen Er- gebnisse punkten können. Das ist sicher ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber anderen Gesellschaften, die ihr Research ex- tern zukaufen müssen. Damit sehen wir uns zwar besser für die Herausforderungen, die Mifid II stellen wird, gerüstet als viele andere. Dennoch werden auch wir nicht vollkommen darauf verzichten können, externes Research zuzukaufen, um so das ganze Bild der wirt- schaftlichen Entwicklung weltweit füllen zu können. Wir haben aber als erster großer aktiver Manager beschlossen, dass wir die dafür entstehenden Kosten selbst tragen wer- den, soweit das die von Mifid II betroffenen Regionen angeht. Einfach weil wir glauben, dass eine entsprechende Kostenübernahme im besten Sinne unserer Kunden ist. Wird denn Ihre Research-Plattform demnächst zu einem eigenen Profitcenter von J.P. Morgan Asset Management? Willcox: Zunächst einmal sind die Ergebnisse unseres eigenen Research nicht nur unser Eigentum, sondern wie gesagt ein wichtiges Asset, weil sie mit dazu beitragen werden, dass uns noch mehr Anleger ihr Geld anver- trauen. Deshalb werden wir unser Research auch nicht verkaufen. Daher ist dieser Ge- schäftsbereich dennoch ein Profitcenter, der mehr und mehr zu einem differenzierenden Element wird. Und deshalb werden wir sicher weiter in dieses Profitcenter investieren. Was den Blick auf die weitere Entwick- lung an den Kapitalmärkten angeht, scheint Ihre Gesellschaft seit einiger Zeit doch wieder von einer noch länger an- haltenden Phase extrem niedriger Zinsen auszugehen, nachdem Sie Anfang des Jahres von Ihrer Haltung eines „Lower for longer“ bei den Zinsen abgerückt waren. Was gilt? Willcox: Es kann durchaus sein, dass wir An- fang dieses Jahres etwas früh auf einen Kurs eingeschwenkt sind, mit dem wir auf ein schnelleres Verlassen der akkommodierenden Geldpolitik insbesondere der Fed gesetzt ha- ben. Allerdings befinden wir uns nach wie vor auf diesem Pfad, auch wenn sich abzeichnet, dass es mit dem Verlassen dieses Pfades dann eben doch wieder etwas länger dauern wird, als zu Jahresbeginn angenommen. Aber auch wenn es vielleicht länger dauert, bis es zu einer weiteren Anhebung der Zinsen durch die Fed kommt, was im Übrigen durchaus einer Entwicklung entsprechen würde, wie sie auch schon in früheren Jahren in einer Straffungs- phase in der Geldpolitik zu beobachten war: Zumindest auf Seiten der US-Notenbank ist der klare Wille erkennbar, ihren lockeren geld- politischen Kurs zu verlassen. Auch wenn die Inflation hier in den USA bisher keinerlei Anzeichen eines Anstiegs zeigt, werden die Verantwortlichen bei der Fed schon deshalb eine Normalisierung der Geldpolitik anstre- ben, um nicht irgendwann in eine Situation zu geraten, in der man kein trockenes Pulver mehr hat, um auf Phasen in der Zukunft rea- gieren zu können, in denen es einmal nicht mehr so gut läuft mit der Wirtschaft wie derzeit. Man wird nicht an einem Ende des Zyklus mit leeren Händen dastehen wollen, was die geldpolitischen Möglichkeiten angeht. Und in Europa? Willcox: Dass die EZB bisher noch nicht wirklich etwas über ihren künftigen Kurs preisgegeben hat, dürfte den noch ausstehen- den Wahlen in Europa geschuldet sein. Aber Mario Draghi wird sicher für sich in Anspruch nehmen, dass er der Politik mit der Haltung der EZB jene Zeit verschafft hat, die not- wendig ist, um eine Reihe struktureller Ver- änderungen und Reformen durchzuführen, vor allem in größeren Ländern wie Italien und Frankreich. Wenn dann Angela Merkel und Emmanuel Macron als Polit-Tandem in Europa installiert sein, was ja weithin erwartet wird, besteht auf Seiten der EZB nach unserer Auffassung schon die Erwartung, dass dann auch diese notwendigen Strukturreformen endlich in Angriff genommen werden. Man spürt aber auch manchmal eine Art Frustration unter europäischen Notenbankern darüber, dass es nicht schon zu mehr strukturellen Ver- änderungen gekommen ist. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER | FP vertrieb & praxis I chris willcox | j.p. morgan am 182 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 » Wir verfügen aus meiner Sicht über eine Research-Plattform, um die uns viele unserer Mitbewerber durchaus beneiden. « Chris Willcox, J.P. Morgan AM Foto: © Christoph Hemmerich Chris Willcox: „Wir haben als erster großer aktiver Manager beschlossen, dass wir die für Research entstehenden Kosten selbst tragen werden, so weit das die von Mifid II betroffenen Regionen angeht.“
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