FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

Willcox: Die Fondsindustrie hat sich selbst in- sofern keinen Gefallen getan, als dass sie nie wirklich konsequent solche Fonds geschlossen hat, die eine überdurchschnittlich schlechte Performance aufwiesen. Oft werden solche Fonds eben nicht aufgelöst, weil man auf die immer noch fließenden Gebühren aus den noch vorhandenen Beständen dieser Fonds nicht verzichten will. Würden allein diese Pro- dukte wegfallen, dann würden auch solche einfachen Rechnungen, die mit schöner Regelmäßigkeit zum Ergebnis kommen, dass 80 oder sogar 90 Prozent aller Investment- fonds ihre Benchmark nicht übertreffen, nicht mehr so einfach funktionieren. Aber es gibt doch eine Reihe von Unter- suchungen, die genau das belegen. Willcox: Das Problem hinter solchen Analy- sen ist aber, dass sie eben immer auf Basis der Anzahl aller einzelnen Fonds einer Vergleichs- gruppe vorgenommen werden statt auf Basis der Assets under Management. Dabei weiß im Grunde jeder ganz genau: Wenn ein bestimm- ter Fonds nicht performt, dann verkauft ein Großteil der Anleger seine Anteile, um das Geld in ein besser performendes Pendant zu investieren. Daher wäre es nur fair, wenn man solche Vergleiche auf Basis der Assets under Management vornehmen würde, um zu einem wirklich stichhaltigen Urteil über aktives Management zu gelangen. Das Ergebnis wür- de dann vollkommen anders ausfallen und läge selbst in einer Situation wie heute, in der ein echter Mehrwert nur schwer zu erzielen ist, nicht bei 80 zu 20, sondern bei mindestens 50 zu 50, wenn nicht gar besser. Und wenn alle Fondsanbieter dazu übergehen würden, ihre Fondspaletten rechtzeitig um schlecht performende Produkte zu bereinigen, würde dieses Ergebnis sogar noch sehr viel stärker für aktives Management sprechen. Was tut Ihre Gesellschaft denn, um sol- che Fehlentwicklungen zu vermeiden? Willcox: Wir sind sehr darauf bedacht, unsere Produktpalette ständig zu durchforsten nach guten Fonds und solchen Produkten, die eigentlich nicht mehr in die Palette gehören, weil sie nicht den gewünschten Mehrertrag bringen. Außerdem nehmen wir unsere Kos- tenstruktur regelmäßig unter die Lupe. Durch entsprechende Gebührensenkungen haben wir eine Kostenersparnis in Höhe von insgesamt 200 Millionen US-Dollar erzielt, die direkt unseren Anlegern im Sinne von Mehrertrag zugute kommt. Die Hälfte davon betrifft allein unsere europäischen UCITS-Produkte. Wenn sich in dieser Hinsicht die gesamte Industrie unserem Weg anschließen würde, dann wäre das sicher gut, nicht nur für uns. Wenn sie es nicht tut, ist es sogar noch besser für uns, weil wir uns dann noch stärker durch dieses Allein- stellungsmerkmal unterscheiden. Die Anleger scheinen solche Maßnahmen allerdings nicht so recht zu honorieren. In den ersten sieben Monaten des laufen- den Jahres liegt Ihre Gesellschaft welt- weit mit einem Nettomittelzufluss von insgesamt 4,4 Milliarden Euro zwar er- neut unter den Top Ten. Andere Anbieter wie Blackrock oder Pimco konnten aber ein Mehrfaches davon an neuen Mitteln generieren. Woran liegt’s? Willcox: Bei den beiden genannten Gesell- schaften – teils mit Fokus auf passiven Lö- sungen – gab es ohne Zweifel jeweils gute Gründe, die zu den hohen Zuflüssen geführt haben. Und natürlich hätten auch wir uns ins- gesamt höhere Mittelzuflüsse gewünscht, zu- mal wir durchaus sehr solide Performance- ergebnisse abgeliefert haben. Über einen län- geren Zeitraum von zehn Jahren gehören wir sicher zu den Anbietern mit den stärksten Mit- telzuflüssen. Deshalb müssen wir wahrschein- lich damit leben, dass es nach Jahren starker Zuflüsse auch einmal Phasen gibt, in denen Anleger aus den unterschiedlichsten Gründen Gelder abziehen, auch wenn die Ergebnisse der jeweiligen Fonds gut waren. Außerdem muss man zwischen der jeweiligen Absatz- situation in verschiedenen Ländern und Regionen unterscheiden. Wenn man die Situa- tion auf einer rein europäischen Ebene be- trachtet, so stehen wir auch im laufenden Jahr sehr gut da. Denn für unser Europageschäft verzeichnen wir bisher ein extrem erfolgrei- ches Jahr. Speziell in Deutschland hatten wir gute Zuflüsse, nicht nur bei unseren Anleihen- und Aktienfonds, sondern auch im Bereich Multi-Asset. Geholfen haben dabei zum Teil schon seit vielen Jahren bestehende Partner- schaften mit Anbietern wie der Deka Gruppe, mit denen wir in diesem Jahr unser 20-jähri- ges Jubiläum feiern, aber natürlich auch die vielen anderen langfristigen Partnerschaften, die wir im deutschen und österreichischen Markt haben. Chris Willcox: „Wir müssen wahrscheinlich damit leben, dass es nach Jahren starker Zuflüsse auch einmal Phasen gibt, in denen Anleger aus den unterschiedlichsten Gründen Gelder abziehen.“ vertrieb & praxis I chris willcox | j.p. morgan am 180 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 » Wenn ich eine Prioritätenliste aufstellen müsste, dann stünde das Multi-Asset-Thema auch heute noch ganz vorne. « Chris Willcox, J.P. Morgan AM Foto: © Christoph Hemmerich

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