FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

326 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 steuer & recht I weichkosten Foto: © Fotolia | Gerhard Seybert D er stets informierte, immer rationale und selbstbestimmt handelnde Ver- braucher existiert im Alltag nicht“, schrieb die SPD-Bundestagsfraktion im März 2012 in ihren „Leitlinien für eine sozialdemo- kratische Verbraucherpolitik“ und hatte damit sicher nicht unrecht. Leider war diese Er- kenntnis aber die Grundlage für einen Ausbau des Verbraucherschutzes über die letzten Jah- re, der der Finanzbranche beträchtliche büro- kratische Hürden und eine Vielzahl kaum noch zu überblickender Reglements beschert hat und – zumindest aus der Sicht aufgeklärter Bürger – einer Teilentmündigung ähnelt. Vor allem die Vielzahl anlegerfreundlicher Gerichtsurteile warf in den letzten Jahren bei Beobachtern immer häufiger die Frage auf, ob der Verbraucher überhaupt noch irgendeine Verantwortung für seine Entscheidungen trägt. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) lässt nun hoffen, dass das sehr wohl der Fall ist. Es geht um einen Anleger, der im Jahr 2000 Anteile an dem geschlossenen Fonds „Doba Grund Renditefonds 17“ gezeichnet hat. 14 Jahre später sah sich der Investor vom Verkaufsprospekt getäuscht. Die einmaligen Fondskosten (Weichkosten) seien irreführend dargestellt worden und würden die Werthal- tigkeit der Beteiligung verschleiern. Der Fondsinitiator hatte im Prospekt einen Investitionsplan veröffentlicht, in dem die Fondskosten nominal und prozentual im Ver- hältnis zum Gesamtinvestitionsvolumen angegeben sind. Sie betragen 11,2 Prozent bezogen auf das gesamte Eigen- und Fremd- kapital. Der Anleger bemängelt, dass die Kos- tenquote nicht auch im Verhältnis zum reinen Eigenkapital genannt und damit verschleiert wurde, dass sich die Provisionen auf 28,5 Prozent belaufen würden. Für den Investor sei das der maßgebliche Wert, der bei diesem Prospekt nur mit einer eigenen Rechnung erkennbar sei. Das sei aber nicht Sinn und Zweck des Prospekts, der den Anleger zutref- fend zu unterrichten habe. Einfache Rechnung zumutbar Nachdem das Landgericht München I die Klage gegen die Fondsgründer auf Rückab- wicklung der Beteiligung und Schadensersatz abgewiesen hatte, gab das Oberlandesgericht München der Berufung des Anlegers größten- teils statt. Die Beklagten riefen dagegen den BGH an – und hatten Erfolg. EinemAnleger müsse zwar, wie das OLG München zu Recht festgestellt habe, ein richtiges Bild über den Fonds vermittelt werden, das Gericht habe aber die Anforderungen an diese Aufklärungs- pflicht überspannt. „Die streitgegenständ- lichen Prospektangaben genügen im Hinblick auf die Weichkosten den Anforderungen an eine hinreichende Aufklärung der Anleger“ , erklärt der BGH in seinem Urteil zur Revision (Az. II ZR 331/14). Früher war es gang und gäbe, dass die Fondsanlaufkosten uneinheitlich und zum Teil nur als Prozentsatz vom Gesamtinvestitions- volumen angegeben wurden. Für den BGH ist das grundsätzlich in Ordnung, wenn der Prospekt an sich korrekt ist. Es genüge, wenn der Anleger die Kostenquote vom Investi- tionsbetrag „mittels eines einfachen Rechen- schritts“ ermitteln könne. Bei dem Immo- bilienfonds von Doba Grund sei das ohne Schwierigkeiten möglich. Und weiter heißt es in dem Urteil mit Bezug auf eine ältere BGH- Entscheidung: „Von einem Anleger kann eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Pro- spekts verlangt werden.“ Die Informationen dürfen laut BGH aber nicht so aufgebaut sein, dass der Leser erst verschiedene Prospektan- gaben abgleichen und anschließend mehrere Rechnungen durchführen muss. Das oberste Zivilgericht hat das Verfahren an das OLG München zurückverwiesen. Klagewelle verhindert Das Höchstgerichtsurteil ist sowohl für die Gründer des Fonds als auch für den gesamten Vertrieb eine gute Nachricht. Eine anders lau- tende Entscheidung hätte vermutlich eine Kla- gewelle ausgelöst, zumal über die Darstellung der Fondsanlaufkosten in der Branche immer wieder heftig gestritten wird. Durch diese Dis- kussionen hat sich vor etlichen Jahren eta- bliert, dass die Kosten im Verhältnis zumAn- legerkapital und zum Fondsvolumen darge- stellt werden. Bei geschlossenen Investment- vermögen (AIF) für Privatkunden müssen zwar kraft Gesetzes alle Kosten offengelegt werden. Für die Art und Weise der Dar- stellung existiert jedoch keine Vorschrift. ALEXANDER ENDLWEBER | FP Die Kostendarstellung in Verkaufsprospekten missfällt Anlegern häufig. Nun hat der BGH aber entschieden, dass sie im Zweifel selbst nachrechnen sollen. Zumutbarer Rechenschritt Bei geschlossenen Fonds gibt es keinen Standard, wie die Anlaufkosten darzustellen sind. Manche Initiatoren nannten die Kosten früher nur in Relation zum Fondsvolumen, nicht zum Eigenkapital. Das ist in Ordnung, so der BGH.

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