FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

246 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 fernt, und so weiter. Diese Daten werden von uns analysiert.“ Keine feingranularen Daten Wagner verweist auf die Europäische Da- tenschutz-Novelle, die 2018 in Kraft treten wird. Sie erfordert, dass die Unternehmen nachweisen, welche Daten sie von einem Kunden haben und was genau sie damit an- stellen. Die personenbezogenen Daten müsse man im Grunde gar nicht immer kennen, um zu wissen, was die Kunden interessiert, meint Wagner. „Das Verhalten und Verhaltensände- rungen bekommen wir sowohl über die eige- nen Kontaktpunkte als auch über externe Social-Media-Kanäle mit. Daraus bauen wir dann ein Markt-Mosaik auf.“ Als Beispiel erwähnt er das Brexit-Votum im Juni. Die Deutsche AM hatte das Thema über ihren E-Mail-Newsletter kommuniziert und konnte die Reaktionen darauf dann in den eigenen digitalen Kanälen sowie den externen Social- Media-Kanälen untersuchen. Den so gewonnenen Kundeneindrücken entsprechend platziere man dann gesponserte Inhalte in den jeweils passenden Social-Me- dia-Kanälen. „Über solcherlei gekaufte Wer- bung bei Xing, Facebook oder Twitter können wir genau steuern, an welche Zielgruppe wel- che Nachricht gerichtet wird“, so Wagner. Content-Marketing Die Themen Brexit oder der US-Wahl- kampf sind auch gute Beispiele dafür, wie Asset Manager auf das Thema „Content Mar- keting“ setzen: Es gibt kaum eine Gesell- schaft, die keine eigens produzierten Meldun- gen zu diesen Themen verbreitet hätte. Con- tent- und Zielgruppenmarketing gehen Hand in Hand, schließlich muss der Inhalt den In- teressen der jeweils angesprochenen Gruppe gerecht werden, um Wirkung zu entfalten. Nicht in dieses Schema passt die meist äu- ßerst unspezifisch wirkende Breitenwerbung. So sind in aktuellen TV-Spots von AB (früher Alliance Bernstein) und Union Investment ein Gebäude beziehungsweise eine Familie zu se- hen – angesprochen wird im Grunde jeder. Das sei durchaus gewollt, betont der Sprecher von Union Investment: „Bei unseren bundes- weiten Kampagnen geht es um Reichweite, die der Bekanntheit der Marke dient. Solche Kampagnen sind verkaufsunterstützende Wer- bung, die dann den Volks- und Raiffeisen- banken die Arbeit vor Ort erleichtert.“ Auch wenn eine Fondsgesellschaft Anzei- gen in Publikumszeitschriften oder Tageszei- tungen schaltet, wirkt es selten so, als werde das Budget gezielt eingesetzt – womöglich schlicht deshalb, weil die Zielgruppe eine gro- ße unbekannte Masse ist. Beispiel Dänemark Dass es auch anders geht, zeigt ein Beispiel aus Dänemark: „Wir können genau bestim- men, ob ein bestimmter Fonds zum Beispiel überwiegend von weiblichen Kunden imAlter von über 50 Jahren aus Norddänemark ge- kauft wird“, erklärt Jan Vandendriessche, Head of Fund Platforms bei VP Lux, einer Tochtergesellschaft der größten dänischen Plattform VP Securities. Das Unternehmen wurde 1980 in Dänemark gegründet und öff- nete sich 2008 auch europaweiten Kunden. Sie bietet ähnliche Dienstleistungen wie Clearstream oder Euroclear und nutzt eben- falls die Plattform Target2Securities (T2S), die eine europaweite Abwicklung von Wertpapie- ren ermöglicht. T2S wurde in den vergange- nen zehn Jahren entwickelt und findet nun endlich Anwendung. „Wir sind eine Wertpa- pierzentrale, unter anderem für Fondsanteile, und registrieren Endkunden in Dänemark. Wir arbeiten ähnlich wie ein Grundbuch für Wert- papiere“, umreißt Vandendriessche das Tätig- keitsfeld. „Wir können die Daten nach ver- schiedenen Kriterien zusammenstellen, gra- nular oder aggregiert. Damit wäre eine detail- lierte Kundenanalyse machbar“, so Vanden- driessche. Er bedauert aber: „Wir haben zwar die Daten, aber leider wird im Fondsgeschäft bisher wenig kreativ über die Nutzung dieser Daten nachgedacht.“ Einer der Gründe dürfte in der Regulierung liegen, schließlich sind die Fondsanbieter kei- neswegs erpicht darauf, Daten einzelner Kun- den zu haben. Denn dann müssten sie Vorga- ben zweier Regelwerke erfüllen, die jeweils mit drei Buchstaben abgekürzt werden: KYC und AML. KYC steht für „Know Your Cus- tomer“ (Kenne deinen Kunden), also die Kun- denidentifizierung im eigentlichen Sinne. AML bedeutet „Anti-Money Laundering“, al- so Geldwäscheregelungen. Die Details dieser Vorschriften beschäftigen Heerscharen von Compliance-Beauftragten. Vandendriessche: „Zum Spaß holt sich keine Gesellschaft sol- che Einzelkundendaten ins Haus, einfach nur, um sie analysieren zu können. Denn sie lösen KYC und AML aus. Dann obliegt der Fonds- gesellschaft die Pflicht, die Kunden zu prüfen, und das kostet vermutlich mehr, als der Mar- ketingeffekt bringen würde.“ Er schlägt vor, dass sich die Fondsgesell- schaften die Daten nicht ganz so granular, sondern in aggregierter Form von den Platt- formen oder Vertrieben liefern lassen und sie dann analysieren. „Natürlich würde das Geld kosten. Aber man weiß beispielsweise, dass Nachhaltigkeit bei bestimmten Personen- gruppen gut ankommt. Für diese soziodemo- grafischen Gruppen könnte man dann ein Event organisieren oder in deren bevorzugten Medien gezielt Werbung schalten.“ Es sieht so aus, als sei die Fondsbranche noch weit von einer Amazonisierung entfernt. Doch die Anbieter scheinen immerhin begon- nen zu haben, am Thema Zielgruppenmarke- ting zu arbeiten. ANKE DEMBOWSKI | FP vertrieb & praxis I zielgruppenmarketing Foto: © Deutsche AM, VP Lux Philipp Wagner, Deutsche AM: „Wir können genau steu- ern, an welche Zielgruppe wir welche Nachricht richten.“ Jan Vandendriessche, VP Lux: „Wir arbeiten ähnlich wie ein Grundbuch für Wertpapiere.“

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