FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

218 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 ge Team will nichts überstürzen, sondern Schritt für Schritt vorangehen. In London ist Scalable mit einer eigenen Lizenz der dortigen Finanzaufsicht FCA un- terwegs. Die Entscheidung dazu fiel schon lange vor dem Brexit. „Gerade in den großen europäischen Märkten wollen wir mit einem lokalen Set-up arbeiten“, sagt Podzuweit. „Das Geld und die Daten unserer deutschen Kunden bleiben in Deutschland, und wir wer- den von einer nationalen Behörde überwacht. Für Anleger aus Deutschland wäre es eine große Hürde, wenn sie ihr Erspartes einem britischen Vermögensverwalter anvertrauen sollten. Umgekehrt gilt das gleiche.“ Prucker erläutert, warum Scalable das deut- sche und das britische Geschäft parallel auf- gebaut hat: „Wir wollten uns von Anfang an zwingen, ein wirklich modulares System zu entwickeln.“ Im Ergebnis sieht die Website in beiden Märkten ähnlich aus, aber dahinter stecken je nach Land unterschiedliche Module beispielsweise für die Steuerregeln, das Fondsuniversum oder die Geldwäscheüber- wachung. „Der modulare Aufbau erlaubt es uns nun, relativ schnell weitere Märkte zu erschließen oder auch White-Label-Lösungen anzubieten“, so Prucker. 2.000 Kunden Das Angebot von Scalable Capital kommt offensichtlich an: 2.000 Kunden konnte das Start-up seit Jahresbeginn schon gewinnen, berichtet Podzuweit. Auch erste institutionelle Investoren sind an Bord. „Der Finanzchef eines Mittelständlers hat uns angesprochen, ob er unser Modell für sein Liquiditätsma- nagement einsetzen kann. Einige Stiftungen haben ebenfalls Interesse signalisiert.“ Inzwischen sammelt das Unternehmen jede Woche zwei bis vier Millionen Euro pro Wo- che ein, hauptsächlich aus Deutschland. „Die meisten unserer Kunden würden wir als ‚Smart Busy Professionals‘ bezeichnen. Sie sind zwischen 30 und 50 Jahre alt, verdienen gut, haben aber weder Zeit noch Lust, sich um ihr Geld zu kümmern“, sagt Podzuweit. Fast 90 Prozent sind Akademiker, die meisten haben Wirtschaftswissenschaften, Informatik oder Ingenieurswissenschaften studiert. „Wir sprechen gezielt diese Kundengruppe an.“ Facebook-Werbung funktioniert Jeden zweiten bis dritten Kunden gewinnt Scalable rein online, sei es klassisch über Ban- nerwerbung oder über gesponserte Inhalte auf Finanzseiten. „Auch Facebook ist ein guter Kanal“, sagt Podzuweit. „Viele verwundert das zunächst, aber Facebook eignet sich hervor- ragend, um die relevante Zielgruppe genau zu adressieren. Dort können wir gezielt den 40- jährigen Siemens-Ingenieur ansprechen und mit der passenden Botschaft auf ihn zugehen.“ Auch über Print-Anzeigen und Roadshows finden Kunden zu Scalable. Im März und April schaltete das Start-up vier Wochen lang Plakatwerbung in Frankfurt. „Natürlich auch um die etablierten Institute etwas zu necken“, sagt Podzuweit und schmunzelt. „Um eine Marke aufzubauen, sind auch solche Aktionen wichtig.“ Inzwischen registriert Podzuweit zudem die ersten Weiterempfehlungen – für Scalable besonders erfreulich, da kostenlos. Der Unternehmensberatung Zeb zufolge kostet es einen Onlinevermögensverwalter rund 250 bis 300 Euro, um einen neuen Kun- den zu gewinnen. Podzuweit bestätigt diese Größenordnung. „Es ist gut möglich, dass wir ein bis anderthalb Jahre nichts an einem Kun- den verdienen. Wenn er uns aber langfristig, das heißt Jahre oder Jahrzehnte, treu bleibt, geht die Rechnung auf. Wenn ich im Internet Schuhe verkaufe, muss ich den Kunden im- mer wieder neu zum Kauf überzeugen. Das ist bei der Vermögensverwaltung nicht nötig.“ 40 Mitarbeiter Scalable beschäftigt inzwischen 40 Mit- arbeiter. Mehr als die Hälfte davon sind IT- Experten, ein halbes Dutzend arbeitet im Mar- keting. Die Kundenbetreuung kommt mit fünf Mitarbeitern aus, die auch Anfragen per Tele- fon und E-Mail beantworten. Dieses Team ist das einzige, das aufgestockt werden muss, wenn das Unternehmen weiterhin so rasant wie geplant wächst. Der Rest des Geschäfts ist enorm gut skalierbar. Der Software ist es schließlich egal, ob sie zehn Millionen oder zehn Milliarden Euro steuert. Da ist der Firmenname Programm. „Scala- ble Capital war anfangs nur ein Projektname“, berichtet Podzuweit. „Doch es ist alles andere als einfach, im Nachhinein den Namen zu ändern. Die Gründer müssen sich einig sein, es darf kein Copyright darauf geben, und die Internetdomain muss frei sein. Zugegeben, Scalable Capital klingt etwas holprig, dafür aber einzigartig. Die meisten anderen Online- vermögensverwalter haben irgendwas mit ‚Wealth‘, ‚Invest‘ oder ‚Fin‘ im Namen.“ Deutliches Wachstum nötig Fest steht, dass Scalable noch deutlich wachsen muss, bevor das Geschäft profitabel ist. „Je nachdem, wie sehr wir eines Tages die Marketingaufwendungen herunterfahren, wä- re das ab einem verwalteten Vermögen von 500 Millionen bis einer Milliarde Euro der Fall“, rechnet Podzuweit vor. „Ich glaube je- denfalls nicht, dass ein Robo-Berater mit we- niger als 500 Millionen Euro Assets profitabel sein kann. Das braucht Zeit. Wer diesen lan- gen Atem nicht mitbringt, muss gar nicht erst anfangen.“ Podzuweit erwartet, dass sich in Europa neben den Banken nur eine Handvoll große Robo-Berater wird etablieren können. Einer davon soll Scalable Capital sein – das steht für ihn außer Frage. BERND MIKOSCH | FP vertrieb & praxis I scalable capital Foto: © Wolf Heider-Sawall Florian Prucker, Scalable: „Wir sind angetreten, um das Unternehmen über viele Jahre hinweg zu entwickeln.“ Erik Podzuweit, Scalable: „Mit unter 500 Millionen Euro Assets kann ein Robo-Berater kaum profitabel sein.“

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