FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016
214 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 vertrieb & praxis I scalable capital Foto: © Scalable Capital | Wolf Heider-Sawall I n manchen Punkten entspricht Scalable Capital durchaus dem Klischee eines Start-ups: Die Gründer tragen Hemd oder Pullover, keinen Anzug. Die E-Mail-Adressen enthalten nur den Vornamen, der Nachname würde wohl zu förmlich wirken. Und in der Küche steht der obligatorische Tischkicker. In anderen Punkten dagegen zeigt sich, dass es sich bei Scalable nicht um ein schnell in der Garage zusammenmontiertes Fintech handelt, sondern um ein solide durchgeplantes Unter- nehmen. Die Büros beispielsweise liegen nicht in einem umfunktionierten Fabrikgebäude, son- dern in einem Bürohaus an Münchens vor- nehmer Prinzregentenstraße, in dem auch eine internationale Anwaltskanzlei residiert. Seinen Geschäftsbetrieb nahm der Onlinevermögens- verwalter nicht wenige Wochen nach Firmen- gründung auf, sondern nach mehr als einem Jahr intensiver Vorbereitung. Und hinter dem Geschäftsmodell steht nicht die Hoffnung, irgendwie irgendwann mal Geld zu verdienen, sondern ein konsequent durchkalkulierter Businessplan, der viele namhafte Investoren überzeugen konnte. Auf den ersten Blick ist Scalable Capital lediglich ein weiterer Robo-Berater, wie sie in den vergangenen Monaten so zahlreich auf- getaucht sind. Doch wer sich etwas näher mit dem Unternehmen beschäftigt, muss den Gründern zugestehen, den meisten Wettbe- werbern in vielen Aspekten einen Schritt vor- aus zu sein. „Unser Anspruch ist, dass alle, die sich uns zunächst mit einer gewissen Skepsis nähern, später überzeugt sind: Das hat Hand und Fuß, die sind nicht nur schnell auf eine Geschäftsidee aufgesprungen“, sagt Florian Prucker, einer der Gründer. Eigene Bafin-Lizenz Ein Aspekt, der Scalable von vielen ande- ren Robo-Beratern abhebt, ist die eigene Bafin-Lizenz. Während viele andere Portale als Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung nur Mus- terportfolios vertreiben, bieten sie eine echte Vermögensverwaltung auf ETF-Basis an. Es ist aufwendig und teuer, die entsprechende Lizenz bei der Finanzaufsicht zu erhalten. Außerdem müssen die Geschäftsleiter die nötige Qualifikation mitbringen. Prucker arbeitete bei Goldman Sachs im Derivatehandel und weiß daher mit Kapi- talmarktrisiken umzugehen. Sein Mitstrei- ter Erik Podzuweit war bei Goldman im Vertrieb und der Strukturierung tätig, auch er hatte mit millionenschweren Portfolios zu tun. Podzuweit sammelte zudem Füh- rungserfahrung, zunächst als Teamleiter bei Goldman Sachs, später als Deutsch- landchef von Westwing. Bei diesem On- lineversandhandel für „Home & Living“- Artikel vom Kerzenständer bis zur Couch war er für mehr als 100 Mitarbeiter ver- antwortlich. Dort lernte Podzuweit auch das Einmaleins des Onlinemarketings, das für den Erfolg von Scalable Capital genau- so wichtig sein dürfte wie die eigentliche Vermögensverwaltung. Klare Zielgruppe „Unser Ziel ist es, Geldanlage günstiger und komfortabler zu machen“, sagt Pod- zuweit. „Klar war von Anfang an, dass wir nicht einfach nur ein weiteres Finanzpro- dukt anbieten möchten, sondern einen kom- pletten Service: alles aus einer Hand von der Kontoeröffnung bis zur Verlustschwellenüber- wachung. Wir wollten deutlich mehr sein als nur eine Website mit ein paar Marketing- leuten.“ Darum die Entscheidung, ein eigenes Finanzinstitut zu gründen. Auch die Zielgrup- pe war von Anfang an klar: „Wir sprechen Kunden an, die keine klassische Anlagebera- tung in der Bank möchten, weil es sich dabei oft nur um einen Produktverkauf handelt, die ihre Geldanlage aber auch nicht selbst in die Hand nehmen wollen.“ Ende 2014 gründen sie ihr Unternehmen. Mit an Bord sind Adam French, der ebenfalls im Handel bei Goldman Sachs arbeitete und nun die Londoner Tochtergesellschaft von Scalable leitet, und Stefan Mittnik, Professor für Finanzökonometrie am Institut für Statistik der Ludwig-Maximilians-Universität Mün- chen. Er ist der Kopf hinter dem ausgefeilten Anlagemodell, das hinter der Vermögensver- waltung steckt (siehe Kasten nächste Seite). Das Jahr 2015 nutzt das Gründerquartett, um das Team aufzustellen, das Investmentmo- dell zu entwickeln, die Website zu program- Elf Millionen Euro Startkapital, professioneller Antritt, schnelle Expansion: Warum Scalable Capital eines der wenigen ernst zu nehmenden Geldanlage-Fintechs ist. Ein Robo für Europa Stefan Mittnik, Florian Prucker und Erik Podzuweit gehören zum Gründerteam von Scalable Capital. Das Ende 2014 gegründete Start-up aus München sammelt seit Anfang dieses Jahres Geld ein – und hat bereits 2.000 Kunden.
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