FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016
E in Mittwoch Ende Oktober, 8 Uhr in der Früh. Es ist der einzige Ter- min für den Rest des gesamten Jah- res, den Hans Joachim Reinke noch an- bieten konnte. An allen anderen Tagen ist der Vorstandschef von Union Investment schon ausgebucht. Am Vorabend war ein gutes Dutzend Volks- und Raiffeisen- banker zu Besuch, es wurde spät. Reinke sagt, er sei noch müde, doch er wirkt munter – und gut gelaunt wie immer. Herr Reinke, nach der Finanzkrise musste Union Investment einige Jahre lang hohe Mittelabflüsse hin- nehmen. Seit dem Jahr 2012 geht es stetig bergauf. Woran liegt das? Hans Joachim Reinke: Im Wesentlichen an zwei Punkten: Erstens haben wir aus der Finanzmarktkrise unsere Lehren ge- zogen. Früher galt ein Depot, das je zur Hälfte aus Aktien und Renten bestand, als ausgewogen. Doch damals verloren Anleger damit rund 37 Prozent ihres Vermögens. Also war uns klar, dass wir künftig das Sicherheits- bedürfnis der Kunden anders adressieren müs- sen. Das mündete im Jahr 2010 in die Einfüh- rung unserer Privatfonds – ein sehr wichtiger Schritt für uns. Die Fonds gibt es in drei Stra- tegien: Wertsicherung, Volatilitätssteuerung und benchmarkfreies Asset Management. Alle Privatfonds geben den Anlegern ein klares Versprechen und haben eine klare Zielorien- tierung. Diese Produktreihe war in den ver- gangenen fünf Jahren unser größter Block- buster im Privatkundengeschäft, inzwischen verwalten die Fonds mehr als 15 Milliarden Euro. Allein in den ersten drei Quartalen dieses Jahres belief sich der Nettoabsatz auf 2,3 Milliarden Euro. Sie hatten von zwei Punkten gesprochen. Was ist der zweite? Wir haben das Geschäft für die Genossen- schaftsbanken einfach gemacht und uns im Vertrieb auf einige wenige Produkte fokussiert – obwohl wir natürlich immer noch eine sehr breite Fondspalette anbieten. Nach der Finanz- krise galt in unserem Verbund die Devise, dass die ganzheitliche Beratung in den Genos- senschaftsbanken besser werden muss – und zwar nicht nur für den Kunden, sondern auch um den Mitarbeitern und Führungskräften in der Bank mehr Sicherheit zu geben. Dieses Thema haben wir aufgegriffen. Wir haben vier Bedarfsfelder identifiziert: „Vermögen anlegen“, „Vermögen optimieren“, „Vermö- gen ansparen“ und „Für das Alter vorsorgen“. Für jedes dieser Bedarfsfelder stellen wir unseren Bankpartnern ausgewählte Fokus- produkte zur Verfügung. Gerade für das Anspar-Thema trom- melt Union Investment derzeit beson- ders laut – Fernsehwerbung inklusive. Warum das? Insbesondere bei diesem Thema haben wir mehr denn je die Aufgabe, den ge- nossenschaftlichen Sparern zu helfen. Denn die niedrigen Zinsen zwingen Leu- te, die jahrelang mit Zinsprodukten ge- spart hatten, dazu, sich mit rentierlicheren Anlageformen zu beschäftigen. Um ihr Kapital zu verdoppeln, brauchten die Sparer in den Achtzigern und Neunzigern rund zehn Jahre. Ich habe das heute Mor- gen mal mit der zehnjährigen Bundes- anleihe nachgerechnet: Inzwischen würde das 2.400 Jahre dauern. Wir alle sind mit dem achten Weltwunder, dem Zinseszins- effekt, groß geworden. Aber das funktio- niert heute nicht mehr. Das erkennen auch immer mehr Privatkunden: 41 Pro- zent der Menschen, so unsere eigene Markt- forschung, sagen: Ich finde Fonds attraktiv oder sehr attraktiv – deutlich mehr als früher. Das liegt nicht an einer neu entdeckten Liebe zu Fonds, sondern schlicht an fehlenden Alternativen. Wie stark wächst das Sparplangeschäft bei Ihnen denn? Ende 2015 hatten wir noch 1,1 Millionen Ansparpläne, Ende September dieses Jahres waren es schon 1,4 Millionen. Dabei geht es aber meist nicht um hohe Summen. Nein, aber mehr als 30 Prozent unserer Neu- kunden finden über das Thema Ansparen zu uns. Darum ist dieses Geschäft auch strate- gisch enorm wichtig. Die genannten Punkte, insbesondere die niedrigen Zinsen, gelten für alle anderen Marktteilnehmer auch. Warum hat es dennoch ausgerechnet Ihr Haus ge- schafft, gemessen an den Zahlen des Branchenverbands BVI zum absatz- vertrieb & praxis I hans joachim reinke | union investment Foto: © Axel Gaube „Wir haben das Geschäft für Hans Joachim Reinke , der Vorstandschef von Union Investment , über den Absatzerfolg des Fondsanbieters, die enge Zusammenarbeit mit den Genossenschaftsbanken, die zuletzt enttäuschende Performance einiger Block- buster, das politische Scheitern der Honorarberatung und die Frage, wie Geldanlage in zehn Jahren aussieht. 206 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 » Ich toure jedes Frühjahr durch Deutsch- land und sehe 700 Vorstände von Volks- und Raiffeisenbanken. Die sagen mir direkt ins Gesicht, wenn ihnen was nicht gefällt. « Hans Joachim Reinke, Union Investment Hans Joachim Reinke Hans Joachim Reinke ist schon seit 1987 Genossen- schaftsbanker. Nach einigen Jahren bei der Volksbank Wachtberg wechselte der diplomierte Bankbetriebswirt vor einem Vierteljahrhundert als Vertriebsberater zu Union Investment. Nach mehreren Karriereschritten rückte er im Januar 2004 in den Vorstand der Union Asset Management Holding auf und verantwortet seither das Privatkundengeschäft von Union Investment. Seit Juli 2010 steht Reinke als Vorstandsvorsitzender an der Spit- ze der gesamten Union-Investment-Gruppe.
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