FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016

bei ihnen nicht mehr investieren. Ich bin aber positiv überrascht, wie sehr die Mitglieder hinter dem Thema Qualität und Standards stehen. Die Mitglieder wollen lieber früher als später handeln und gern auch mehr tun, als derzeit auf dem Tisch liegt. Sind die Investoren schon so weit, dass sie Forderungen stellen? Crowdinvest- ments werden doch emotional und nicht rational verkauft. El Mallouki: Unsere Chance ist, dass wir von dem lernen, was andere Branchen in den ver- gangenen Jahren erlebt und erlitten haben. Wenn wir das nicht wahrnehmen, greift der Gesetzgeber ein. Wir müssen die Investoren dafür sensibilisieren, darauf zu achten, dass die Projektpräsentationen die wesentlichen Informationen beinhalten. Das können wir und auch die Medien nur begleiten. Anhand der Qualitätskriterien kann man jedenfalls er- kennen, ob eine Plattform seriös ist oder nicht. Fricke: In der Onlinewelt haben wir ohnehin eine höhere Ausgangstransparenz, weil die In- formationsdichte höher ist als in klassischen Kanälen. Wer sich interessiert, kann sich trotz aller Emotionalität sachlich informieren. Wir sind als Verband sehr zufrieden damit, dass wir in kurzer Zeit Einigkeit darüber hergestellt haben, dass wir Qualitätsstandards brauchen und auch einhalten müssen. Die Private-Equi- ty-Branche brauchte die Heuschrecken-Dis- kussion, um über Kommunikation nachzuden- ken. In den 25 Jahren davor hatte das nieman- den interessiert. Wenn man Sie hört, könnte man glau- ben, dass in Ihrer Branche alles in bester Ordnung ist und dass der Sachver- ständigenrat für Verbraucherfragen zu Unrecht eine strengere Regulierung for- dert. Irrt der Rat? El Mallouki: Der Sachverständigenrat erfüllt seine Aufgaben und fordert mehr Regulie- rung. Ob das sinnvoll ist, ist eine andere Fra- ge. Die Vorstellungen, die der Sachverständi- genrat hat, sind aber absolut unrealistisch. Ich glaube nicht, dass man Investoren am besten dadurch schützt, indem man ihnen den maxi- malen Investitionsbetrag vorschreibt. Wichti- ger ist die Investorenbildung. Man muss über- legen, wie man es schafft, dass sich die Men- schen mit dem Risiko auseinandersetzen. Der Sachverständigenrat kritisiert, dass es Ausnahmen für Crowdfunding im Vermögensanlagengesetz gibt. Das be- trifft vor allem den Emissionsprospekt. Warum wehren Sie sich dagegen? Fricke: Ein regulierungskonformer Prospekt kostet bis zu 200.000 Euro. Für Unternehmen, die vielleicht 300.000 Euro einwerben wollen, ist das unfinanzierbar. Sie machen dann keine Crowdfinanzierung, und das wäre ausgespro- chen bedauerlich. Im Moment ist es politisch gewollt, dass junge, innovative Unternehmen über den Onlinekanal eine alternative Finan- zierungsquelle zur Verfügung haben. El Mallouki: Ein Prospekt ist keine Garantie dafür, dass Anleger kein Geld verlieren oder betrogen werden. Abgesehen davon hat es für kleine Emissionen keinen Sinn, die Regulie- rung so hoch zu setzen, dass sie wirtschaftlich nicht zu schaffen ist. In einem früheren Gespräch haben Sie, Herr El Mallouki, gesagt, dass Sie kein großer Freund des Nachrangdarlehens sind. Sie, Frau Fricke, sagen dagegen, dass es für den Privatinvestor durchaus gut geeignet ist. Können Sie uns die Dif- ferenzen erklären? El Mallouki: Es kommt auf die Verwendung an. Für Immobilien braucht man nicht unbe- dingt ein Nachrangdarlehen, bei Mezzanine- Finanzierungen passt es schon. Fricke: Man muss ganz klar differenzieren. Es gibt Projektfinanzierungen, für die es bes- sere Finanzierungsmöglichkeiten gibt. Für eigenkapitalähnliche Finanzierungen in inno- vativen Unternehmen, die in der Regel ein hohes unternehmerisches Risiko haben und wachsen wollen, ist das Nachrangdarlehen ein gutes Instrument. Es steht bilanziell auf der Fremdkapitalseite, aber mit dem qualifizierten Jamal El Mallouki, Crowddesk: „Unsere Chance ist, dass wir von dem lernen, was andere Branchen in den vergangenen Jahren erlebt und erlitten haben. Wenn wir das nicht wahrnehmen, greift der Gesetzgeber ein.“ sachwerte I uli fricke | fundernation und jamal el mallouki | crowddesk 156 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 » Die Investoren sitzen im ›Driver’s Seat‹. Sie können fordern, dass sich die Plattformen an die Standards halten, weil sie sonst nicht mehr investieren. « Uli Fricke, Fundernation Foto: © Christoph Hemmerich Jamal El Mallouki, Crowddesk Jamal El Mallouki, Jahrgang 1987, ist Vorstandsvorsit- zender des Bundesverbands Crowdfunding und zuständig für den Bereich Qualitätssicherung und Entwicklung von Standards. Hauptberuflich ist er Geschäftsführer des White-Label-Anbieters Crowddesk und der Crowdinves- ting-Plattformen Leihdeinerstadtgeld.de, Leihdeinerum- weltgeld.de und Geldzugruen.de.

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