FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016
sachwerte I uli fricke | fundernation und jamal el mallouki | crowddesk 154 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 Foto: © Christoph Hemmerich A lle Zeichen stehen auf Wachstum. Die junge deutsche Crowdfunding- Branche beginnt sich gerade zu eta- blieren – und genießt dabei Welpenschutz durch die Politik. Das kann sich aber schnell ändern: Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen, der im Justizminis- terium angesiedelt ist, fordert bereits ein Ende der Soft-Regulierung von Schwarm- finanzierungen und die Einführung genau- so strenger Regeln, wie sie für die ande- ren Finanzinstrumente gelten. Der Branche gefallen solche Gedankenspiele gar nicht, schließlich trage man ja auch dazu bei, dass junge, innovative Unternehmer ihre Ideen überhaupt umsetzen können. Im Interview erklären Uli Fricke und Jamal El Mallouki, die auch treibende Kräfte im Crowdfunding-Verband sind, warum eine strengere Regulierung nicht notwendig ist und stattdessen der klassische Finanzvertrieb an die Branche andocken sollte. Wie sehen Sie die Entwicklung des deut- schen Crowdinvesting-Marktes? Inwie- weit hat das Kleinanlegerschutzgesetz zur Marktentwicklung beigetragen? Uli Fricke, Fundernation: Seit 2011 haben wir Jahr für Jahr ein Wachstum von über hun- dert Prozent gesehen. 2015 war die Dynamik etwas gebremst. Das ist auch auf das Klein- anlegerschutzgesetz zurückzuführen, weil viele Plattformen das zweite Halbjahr 2015 genutzt haben, um sich regulierungskonform aufzustellen. 2016 hat der Markt wieder mehr Schwung aufgenommen. Wir sehen neue Gruppen im Markt, auch große Unternehmen, die sich mit Crowdfunding und Crowdinves- ting beschäftigen. Das Kleinanlegerschutzge- setz hat dabei als „Vertrauensminimalbasis“ sicherlich geholfen. Welche Herausforderungen oder Schwierigkeiten gab es bei der Umset- zung des Kleinanlegerschutzgesetzes? Fricke: Das Gesetz musste rechtlich und tech- nisch umgesetzt werden. Das bedeutet, dass zum Beispiel Verträge angepasst und Prozesse neu definiert werden mussten. Auch in der In- teraktion mit den kapitalsuchenden Unterneh- men gibt es deutlich höhere Anforderungen. Die meisten von ihnen haben sich noch nie mit einem Vermögensinformationsblatt (VIB) auseinandergesetzt. Das ist völlig neu für sie. Jamal El Mallouki, Crowddesk: Vorher war die Crowdfunding-Branche de facto unregu- liert, deshalb musste sie mit dem Gesetz erst einmal fertig werden. Wir finden die Regulie- rung grundsätzlich gut. Man muss aber darauf achten, dass sie mit Augenmaß erfolgt, denn die Plattformen sind keine reinen Vertriebs-, sondern vor allem Emissionsplattformen, und das ist ihr Benefit. Wie meinen Sie das? El Mallouki: Einerseits geht es um die Stan- dardisierung von Emissionsprozessen. Unter- nehmer können relativ schnell und kosten- günstig Geld einwerben, und das in einer Grö- ßenordnung, für die es sonst keine anderen Quellen gibt, die ähnlich attraktiv sind. Ande- rerseits geht es im Vertrieb um das anleger- orientierte Präsentieren und Platzieren. Fricke: Dadurch, dass die Projektbe- schreibungen durch VIB, Businesspläne, Finanzanalysen etc. standardisiert sind, hat der Anleger mehr Transparenz, Klarheit und Vergleichbarkeit. Und wenn sich der Investor mit dem Nachrangdarlehen aus- kennt, kann er viel bessere und einfachere Entscheidungen treffen. Bis auf das standardisierte VIB erken- ne ich bei den Projektpräsentationen wenig Gemeinsamkeiten. Die Informa- tionsdichte und die Qualität der Infor- mationen auf den Plattformen sind sehr unterschiedlich. Ich sehe daher keine ausgeprägte Transparenz oder Vergleichbarkeit bei den Produkten. Fricke: Es bleibt letztlich jeder Plattform überlassen, wie detailliert Projekte dar- gestellt werden. Durch das Kleinanleger- schutzgesetz machen sich aber alle Plattfor- men und Emittenten mehr Gedanken darüber, wie man das Geschäft in Kurzform im VIB beschreibt und wie man auf Risiken aufmerk- sam macht, und zwar an Stellen, an denen al- len Investoren auffällt, dass sie es hier mit un- ternehmerischen Beteiligungen zu tun haben. El Mallouki: Aus Sicht der gesamten Branche ist die heterogene Struktur in der Präsentation und im Detailgrad nicht förderlich, da gebe ich Ihnen recht. Das begutachten wir im Ver- band und überlegen, wie man hier Fortschritte machen kann und wie man einen gemein- samen Mindeststandard definiert. Aus Sicht einer Plattform ist es ein Vorteil, wenn die Informationen transparenter, plausibler und besser aufbereitet als ein Mitbewerber. Auf diese Weise können sich die Plattformen von- einander abgrenzen. Eine große Schwäche der Branche ist, dass es kein professionelles Reporting an die Anleger gibt. El Mallouki: Wir haben im Verband einen Standard für das Investoren-Reporting verab- schiedet, der für die Mitglieder bindend ist. Der Boom von Crowdinvestments ist ein Ausdruck der Digitalisierung der Finanzindustrie. Crowddesk -Geschäfts- führer Jamal El Mallouki und Fundernation -Chefin Uli Fricke sprechen über die Entwicklung der Crowdfunding- Branche, notwendige Lernprozesse und die Verknüpfung der Internetplattformen mit dem Offline-Vertrieb. „Crowdinvesting ist eine große » Die Regulierung muss mit Augenmaß erfolgen, denn die Plattformen sind keine reinen Vertriebs-, sondern vor allem Emissions- plattformen. « Jamal El Mallouki, Crowddesk
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