FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2016
120 www.fondsprofessionell.de | 4/2016 markt & strategie I inflation Foto: © Fotolia | AK-DigiArt W as würde an den Finanzmärkten passieren, falls es Donald Trump unerwartet doch gelingen sollte, die US-Wahl für sich zu entscheiden? Darüber war in den Wochen vor dem Urnengang viel spekuliert worden. Viel wert waren die meis- ten dieser Szenarien nicht. Denn wohl die we- nigsten hatten damit gerechnet, dass Trumps Triumph ausgerechnet an einem Markt so deutliche Spuren hinterlassen würde: Die Kur- se langlaufender US-Staatsanleihen sackten ab, ihre Renditen schossen nach oben. Denn plötzlich rechnen die Investoren damit, dass die Inflation deutlich steigen könnte. Das ist schon erstaunlich, schließlich ver- sucht die US-Notenbank Fed bereits seit Jahren, die Teuerungsrate ankurbeln – ohne Erfolg. „Trump schafft in 24 Stunden, was die Notenbank in zwei Jahren nicht geschafft hat“, sagt Bernd Ondruch, Gründer des Lon- doner Hedgefonds Astellon Capital. Nicht nur in Amerika, auch in Europa geht wieder die Furcht vor einer plötzlich steigenden Inflation um. Wie konnte das passieren? „Protektionismus statt Freihandel, auf diese Formel lässt sich der Sieg Donald Trumps bei den US-Präsidentschaftswahlen aus weltwirt- schaftlicher Sicht bringen“, sagt Axel D. An- germann, Chefvolkswirt der Feri-Gruppe. Trump spricht sich für höhere Staatsausgaben und deren Finanzierung durch die Notenbank aus. „Die wirtschaftspolitischen Absichten Trumps zielen eindeutig auf höhere Inflation. Dies birgt zahlreiche Risiken für die globale Wirtschaft, ganz besonders jedoch für Euro- pa“, so der Ökonom. Trump hatte wiederholt angekündigt, Freihandelsabkommen aufkün- digen und Schutzzölle gegen China und Me- xiko verhängen zu wollen. Das hätte höhere Importpreise und damit steigende Inflations- raten zur Folge. „Daraus könnte sich eine schnellere Abfolge weiterer Zinserhöhungen seitens der Fed ergeben, als derzeit allgemein erwartet wird“, warnt Angermann. Das wie- derum brächte die Europäische Zentralbank (EZB) in Nöte: Angesichts höherer Inflations- erwartungen müsste sie die Zinsen eigentlich ebenfalls anheben. „Wegen der schwachen Wirtschaft in Europa und der hohen Staats- verschuldung ist sie dazu aber nicht in der Lage“, so Angermann. Öl treibt die Preise Carsten Mumm, Leiter der Kapitalmarkt- analyse beim Bankhaus Donner & Reuschel, erwähnt einen weiteren Punkt: den anziehen- den Ölpreis. Die höheren Energiekosten waren ursächlich für die zuletzt überraschend hohen Inflationsraten in Deutschland: Im Oktober stiegen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahr um 0,8 Prozent. Im historischen Kontext ist das wenig, doch es bedeutet im- merhin die höchste Inflation seit zwei Jahren. „Selbst bei stagnierenden Rohölnotierungen sorgt der Vorjahresvergleich noch bis April 2017 für höhere Inflationsraten“, sagt Mumm. Gegen weiter steigende Inflationsraten spricht seiner Meinung nach die schwache Kreditver- gabe in Deutschland und Europa. Sollte sich jedoch eine allgemein höhere Inflationserwar- tung festsetzen, wäre ein steigendes Rendite- niveau an den Märkten die Folge – die Anlei- Plötzlich fürchten Investoren weltweit wieder steigende Teuerungsraten. Das hat mit der Erholung des Ölpreises zu tun – und mit dem Ausgang der US-Wahl. Die Rückkehr der Inflation Die Zapfsäule ist oft der erste Ort, an dem Verbraucher eine Inflation zu spüren bekommen. So auch dieses Mal, denn der Ölpreis hat sich deutlich erholt. Die schwache Konjunktur spricht allerdings gegen stark steigende Inflationsraten. Noch ist die Teuerung in der Breite kaum spürbar Harmonisierter EU-Verbraucherpreisindex; Änderung zum Vorjahr Im September 2016 stiegen die Verbraucherpreise in der Eurozone um 0,4 Prozent. Ein an sich mickriger Wert, aber doch der höchste seit Juli 2014. Vor der Finanzkrise lag die Inflation zeitweise bei über vier Prozent. Quelle: Eurostat 0 % 1 % 2 % 3 % 4 % 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Änderung des EU-Verbraucherpreisindex zum Vorjahr
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=