FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015
76 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 markt & strategie I bric-fonds „Wenn man die Frühindikatoren der Orga- nisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung betrachtet, so zeigt sich, dass die Kurven für Industrie- und Schwellen- länder bis zum Jahr 2012 parallel nach oben verliefen“, erklärt Thiel. Natürlich hätten auch die BRIC-Staaten unter der Finanzkrise gelit- ten, sie konnten danach aber wieder aufholen. „Seit 2012 ist jedoch zu beobachten, dass das Wirtschaftswachstum in den Schwellenlän- dern deutlich abbröckelt, während es in den Industrieländern aufwärts geht“, sagt Thiel. Um zu verstehen, was die Auslöser für den Einbruch in den einzelnen BRIC-Staaten waren, lohnt sich ein makroökonomischer Blick auf die vier Länder. „Russland leidet in letzter Zeit natürlich unter dem Verfall des Ölpreises und unter den Wirtschaftssanktionen“, sagt Simon Quijano- Evens, Stratege für Emerging Marktes bei der Commerzbank. Auch das Wachstum der Be- völkerung des Landes nimmt ab, was die Wirtschaftskraft schwächt. Nicht zu vergessen die schwache Währung. Insbesondere die Binnenkonjunktur leidet, weil sich die Be- völkerung für ihre Rubel immer weniger kaufen kann. Hinzu kommen die fehlende Rechtssicherheit für Investoren aus demAus- land sowie das korrupte wirtschaftliche und politische System. China konnte sich seit der Krise von 2008/2009 zwar gut erholen. „Der wirtschaft- liche Aufschwung war aber vor allem dem Konjunkturprogramm der Regierung geschul- det“, erklärt Thiel. Lokalregierungen nahmen über Finanzierungsvehikel Kredite auf, um verstärkt in Infrastrukturprojekte zu investie- ren. Das funktionierte auch. Arbeitsplätze wurden geschaffen, das Wirtschaftswachstum wurde gesteigert. Aber: Bei einem Verschul- dungsgrad von 282 Prozent und einer Investi- tionsquote von 45 Prozent, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), bleibt für weitere Investitionen auf Pump kaum Platz. 6,5 Prozent Wachstum? „Noch dazu dreht in China die Demo- grafie“, sagt Experte Thiel. Wachstumsraten in zweistelliger Höhe seien im Reich der Mitte ganz sicher nicht mehr zu erwarten. „Die Regierung hat für das kommende Jahr ein Wirtschaftswachstum von 6,5 Prozent pro- gnostiziert“, erklärt er. Doch das halte er für eine „politische Zahl“. „Wenn man sich die Exportzahlen, die Stromproduktion oder das Wachstum in Taiwan anschaut, sind 6,5 Pro- zent nicht realistisch“, sagt Thiel. Während die chinesische Wirtschaft immer- hin weiter wächst, erwarten Experten in Bra- silien einen Rückgang von drei Prozent für Foto: © Dreamstime, FONDS professionell Jim O’Neill, Ökonom und Ex-Goldman-Sachs-Banker: „Die BRIC-Staaten sind nicht länger eine Gruppe.“ Russland Steckbrief Russland Amtssprache Russisch Hauptstadt Moskau Staatsform Semipräsidiale Republik Präsident Wladimir Putin Fläche ca. 17.075.400 km 2 Einwohnerzahl ca. 144 Millionen (2015) Bevölkerungsdichte 8 Einwohner pro km 2 Währung Rubel Wichtige Wirtschaftssektoren Öl- und Gasförderung Bruttoinlandsprodukt 1,86 Billionen US-Dollar (2014) Leitindex MICEX 1.746 Punkte (10.11.2015) Russland gehört mit rund 144 Millionen Einwohnern auf etwa 17 Millionen Qua- dratkilometer Fläche zu den am dünnsten besiedelten Staaten. Neben der Haupt- stadt Moskau gilt Sankt Petersburg als wichtiges Zentrum. Die Russische Föderation ist Atommacht und ständiges Mitglied des Weltsicherheitsrates. Seit 2014 leidet die russische Wirtschaft unter den Sanktionen des Westens. Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts Quelle: Commerzbank, Bloomberg Basiliuskathedrale in Moskau ’06 ’05 ’07 ’08 ’09 ’10 ’11 ’12 ’13 ’14 ’15 600 800 400 1.000 1.200 1.400 1.600 1.800 2.000 MICEX ’01 – ’10 12 % 10 % 8 % 6 % 4 % 2 % 0 % 4,9 % ’11 – ’14 2,4 % Mittel von 2001 bis 2010 Mittel von 2011 bis 2014 Brasilien Steckbrief Brasilien Amtssprache Portugiesisch Hauptstadt Brasília Staatsform Präsidiale Bundesrepublik Staatsoberhaupt und Regierungschefin Präsidentin Dilma Rousseff Fläche ca. 8.514.215 km 2 Einwohnerzahl ca. 200 Millionen (2015) Bevölkerungsdichte 22,4 Einwohner pro km 2 Währung Real Wichtige Wirtschaftssektoren Rohstoffe, Land- und Forstwirtschaft Bruttoinlandsprodukt 2,35 Billionen US-Dollar (2014) Leitindex Bovespa 45.408 Punkte (10.11.2015) Brasilien ist hinsichtlich der Fläche und der Bevölkerungsanzahl der fünftgrößte Staat der Erde. Es ist das größte und mit über 200 Millionen Einwohnern auch das bevölkerungsreichste Land Südamerikas. Brasilien nimmt fast 47,3 Prozent der Flä- che Südamerikas ein. Die wirtschaftliche Struktur des Landes ist gekennzeichnet durch die Kernsektoren Rohstoffe sowie Land- und Forstwirtschaft. Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts Quelle: Commerzbank, Bloomberg Christus-Statue in Rio de Janeiro ’06 ’05 ’07 ’08 ’09 ’10 ’11 ’12 ’13 ’14 ’15 30.000 40.000 20.000 50.000 60.000 70.000 Bovespa 12 % 10 % 8 % 6 % 4 % 2 % 0 % ’01 – ’10 4,9 % ’11 – ’14 2,1 % Mittel von 2001 bis 2010 Mittel von 2011 bis 2014
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