FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015
74 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 markt & strategie I bric-fonds Foto: © Evgeniy Pavlenko | Bloomberg News S ie galten als die neuen Sterne am In- vestmenthimmel. Die Fonds sollten die Chancen nutzen, die sich in vier aufstre- benden Schwellenländern boten. Vier Länder mit einer jungen Bevölkerung und hohem Wirtschaftswachstum. Es war der damalige Chefvolkswirt der US-Investmentbank Gold- man Sachs, Jim O’Neill, der diesen vier Staa- ten im Jahr 2001 einen Namen gab: BRIC. Brasilien, Russland, Indien und China, so schrieben die Autoren einer Goldman- Sachs-Studie, könnten bis 2050 die wirt- schaftliche Vorherrschaft in der gesamten Welt erringen. Den vier Regierungschefs gefiel der neue Kunstname so gut, dass sie ihre Zusammenkünfte bald unter der offi- ziellen Bezeichnung „Gipfeltreffen der BRIC-Staaten“ abhielten. Und in den USA wie in Europa legte eine Fondsgesellschaft nach der anderen BRIC-Fonds auf. Im Jahr 2005 hatten fast alle großen Investment- häuser zumindestens ein BRIC-Produkt im Angebot. Bei den Anlegern kamen die neuen Pro- dukte bestens an. Kaum verwunderlich, klangen die Verkaufsargumente doch eben- so einfach wie logisch: Die BRIC-Staaten seien die Märkte der Zukunft, hieß es. Durch ihre ganz unterschiedlichen Stärken korrelier- ten sie untereinander kaum. Zudem gebe es gute Synergieeffekte. Die Hoffnungen erfüll- ten sich bis 2012. Dann brachen die Kurse ein, Anleger zogen sich in Scharen aus den Fonds zurück. Im Frühjahr 2015 erklärte Jim O’Neill, er sehe die vier BRIC-Staaten nicht mehr als Gruppe: „Russland und Brasilien könnten aus dem Klub leicht herausfallen“, sagte er. Mitte November 2015 folgte der nächste Schlag für das einst so angesagte Investmentthema: Goldman Sachs gab be- kannt, der BRIC-Fonds des Hauses werde mit einem breiter aufgestellten Emerging-Mar- kets-Fonds verschmolzen. Bye, bye BRIC. Zehn Jahre eine gute Idee „Aktien aus den Ländern Brasilien, Russ- land, Indien und China in Fonds zu poolen hat sich über zehn Jahre hinweg als gute Idee erwiesen“, sagt Matthias Thiel, Aktienanalyst und Experte für Schwellenländer bei der Hamburger Privatbank M.M. Warburg. Auf- grund der hohen Wachstumsraten der vier Staaten kannten die Kurse von BRIC-Fonds bis zur Finanzkrise nur eine Richtung: auf- wärts. Kurz geschüttelt, erholten sich die BRIC-Fonds bis 2012 wieder, doch dann machten sich nach und nach die spezifischen Probleme der einzelnen Staaten bemerkbar. Denn anders als zu Beginn des BRIC-Hypes von manchen Fondshäusern vermittelt, lassen sich die vier Länder keineswegs in einen Topf werfen. Die wirtschaftlichen Probleme der BRIC- Staaten sind so heterogen wie die Länder selbst. Und auch wenn die Börsen unterein- ander kaum korrelieren, bedeutet dies noch längst nicht, dass sie sich gegenseitig auf- fangen können. Doch nicht allein den wirt- schaftlichen Schwierigkeiten des Quartetts ist die Abkehr der Investoren zuzuschrei- ben. Hinzu kommt, dass die Manager von BRIC-Fonds oft in ihrer Benchmark gefan- gen sind. Einige Investmenthäuser haben das erkannt und beschreiten neue Wege. „Die Probleme der BRIC-Fonds begin- nen ja schon bei ihrer Bezeichnung“, sagt Thiel. „Unter diesem Akronym werden Länder zusammengefasst, die eigentlich nicht viel miteinander zu tun haben“, er- klärt er. Fondsanbieter und Anleger hätten die Unterschiede eigentlich erkennen kön- nen, doch weil die Kurse der Fonds jahre- lang steil nach oben gingen, habe niemand richtig hinschauen wollen. Vor zehn Jahren setzten Anleger große Hoffnungen in BRIC-Fonds – und wurden enttäuscht. Jetzt verabschieden sich selbst einstige Vorreiter von dem Konzept. Ende einer Abkürzung Unruhige Zeiten in Russland: Die Bevölkerung demonstriert gegen die Wirtschaftssanktionen, die der Westen aufgrund der Ukraine-Krise gegen das Land verhängt hat. Die Schere öffnet sich OECD-Frühindikatoren (in Punkten) und globale Industrieproduktion (Veränderung zum Vorjahr in %) Die Frühindikatoren der OECD laufen der tatsächlichen Entwick- lung der Industrieproduktion sechs Monate voraus. Quelle: OECD 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 -20 % -15 % -10 % -5 % 0 % 5 % 10 % 1995 2000 2005 2010 2015 Industrieproduktion OECD-Frühindikator Industrieländer OECD-Frühindikator BRIC-Länder
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