FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015
212 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 bank & fonds I banking-tools Foto: © Szefei | Dreamstime.com N ach einer aktuellen Studie der Unter- nehmensberatung Boston Consulting kommt die Digitalisierung die Retail- banken teuer zu stehen. Zwar wurde die Stu- die für den deutschen Markt durchgeführt, die Ergebnisse sind allerdings auch durchaus auf Österreich zu übertragen. Schon in vier Jahren werden laut der Studie über traditionelle Bankfilialen weniger als die Hälfte (rund 45 Prozent) der Erträge erzielt werden, während es heute noch zwei Drittel sind. Auf digitale Kanäle entfallen 2019 bereits über 35 Pro- zent der Erträge. Neue, digitale Wettbe- werber wie Fintechs werden sich damit Marktanteile von acht bis 12 Prozent gesi- chert haben. Während in Österreich auf dieses Problem bislang nur die Erste Bank angemessen reagiert (siehe auch Interview mit dem Leiter des Erste Hub, Boris Marte, auf Seite 208), kooperieren in Deutschland bereits etliche Institute mit den Start-ups aus dem Fintech-Bereich, um bei dieser Entwicklung nicht ganz ins Hintertreffen zu geraten. Bei einem Blick nach Deutsch- land finden sich dann auch etliche Fintechs, die auch für heimische Banken interessant wären. FONDS professionell stellt einige davon vor. Kontowechsel Mancher Kunde plant seit Längerem, seiner Hausbank den Rücken zu kehren, sei es we- gen nicht marktgerechter Konditionen oder weil der Service zu wünschen übrig lässt. Der mit einem Kontowechsel verbundene Auf- wand schreckt jedoch viele davon ab, den Ge- danken in die Tat umzusetzen. Dies könnte sich bald ändern, denn Firmen namens Fino oder Finreach wollen für Banken und deren Kunden den lästigen Papierkrieg rund um den Kontowechsel übernehmen. Dazu gehört: Zahlungspartner wie Versicherer, Arbeitgeber oder Stromwerke benachrichtigen, Dauer- aufträge umstellen und das bisherige Konto auflösen. Das Vorgehen ist einfach: Der Kun- de meldet sich mit seinen Onlinebanking- Daten der bisherigen Bank an, und über die neue Software werden automatisch alle rele- vanten Zahlungspartner und Daueraufträge identifiziert. Anschließend entscheidet der Kunde, wer über den Wechsel informiert wird – die Benachrichtigungen erstellt der digitale Helfer. „Der Kunde braucht sich keine Gedanken mehr machen, wen er informieren muss, wie die richtige Adresse des Zahlungspartners lau- tet oder wie das Anschreiben auszusehen hat. Selbst das Porto zahlen wir“, so Fino-Digital- Gründer Florian Christ. Der Kontowechsel dauert angeblich nur zehn Minuten und funk- tioniert auf allen internetfähigen Geräten wie Smartphone, Tablet oder PC. „Selbst ohne Internet können Sie in der Regel in die Filiale Ihrer neuen Bank gehen und den Kontowech- sel mit dem Mitarbeiter zusammen erledigen. Die neue Bank muss nur unsere Software ein- setzen“, so Christ. Nach Angaben von Fino speichert das Unternehmen die persönlichen Daten des Kunden nicht auf den eigenen Ser- vern, sie liegen ausschließlich auf dem Gerät des Kunden. Bisher ist Fino in Österreich noch nicht vertreten, dies könnte sich aller- dings bald ändern. Christ: „Gemäß unserer internen Planung sind die ersten Gespräche bis Ende des Jahres geplant.“ In Deutschland ist die Commerzbank die erste Bank, die die Kontowechsel-App ein- setzt. Das scheint bei den Kunden gut an- zukommen – in den ersten Tagen nach Frei- schaltung wurde sie mehr als 1.000-mal heruntergeladen. „Wir erwarten, dass die App die Hürde für einen Kontowechsel deutlich senkt“, sagt Ole Franke vom Di- rektbanking der Commerzbank. Konkur- rent Finreach ist mit seinem Kontowech- selservice noch nicht live gegangen, hat aber mit der DKB-Bank bereits einen großen Kunden gewonnen. Und auch der Schritt nach Österreich ist geplant. „Aktuell kooperieren wir mit keiner Bank in Öster- Nicht alle Fintechs machen den Banken das Leben schwer – einige Start-ups erleichtern den Kreditinstituten und deren Kunden sogar die Arbeit. Smart Banking Das Smartphone war schon immer mehr als nur ein Telefon. Nun übernimmt es auch den Kontowechsel oder das Ausfüllen einer Überweisungsvorlage – und macht das Postident-Verfahren überflüssig. Treiber der Digitalisierung Kundenzufriedenheit und -bindung sind für über 90 Prozent der Banken die wichtigsten Gründe, um digitale Services einzuführen. Befragt wurden für die Studie 100 europäische Bankexperten. Quelle: GFT Technologies (Digital Banking 2015) 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % Erhöhung der Rentabilität Verbesserung der Kundenbindung Steigerung der Kundenzufriedenheit 83 % 94 % 92 %
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