FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015
Weltbild hilft einem außerdem dabei, die Märkte und Sektoren zu finden, in denen sich die Suche nach Einzeltiteln lohnt. Welcher Performanceanteil im Mul- tiple Opportunities geht denn auf die Einzeltitelauswahl zurück und wel- cher auf die Asset Allocation? Flossbach: Das lässt sich unmöglich fest- stellen. Es gibt Consultants, die einem das vorrechnen, aber das ist Blödsinn. Ein Bei- spiel: Früher machte die Nestlé-Aktie mal mehr als sieben Prozent des Fonds aus. Jetzt sagt mir der Consultant, ich sei ein guter Asset Allocator, aber ein schlechter Stockpicker, denn die hohe Aktienquote war gut, aber die Nestlé-Aktie habe dem Markt hinterhergehinkt. Moment mal, ant- worte ich dann dem Consultant, meine Aktienquote war überhaupt nur so hoch, weil ich einen so tollen defensiven Titel wie Nestlé gefunden habe. Außerdem ist ein Teil der Nestlé-Position gedanklich der Anleihenquote entlehnt, schließlich handelt es sich hierbei um ein solides Wertpapier, das mir eine aus- kömmliche Dividende zahlt – als Ersatz für den Zins, den es nicht mehr gibt. In einem rei- nen Aktienportfolio hätte ich Nestlé wahr- scheinlich gar nicht so hoch gewichtet. Dann wird dieser Consultant ganz schnell ruhig. Diese Orientierung an irgendwelchen Ver- gleichsmaßstäben zeugt von einer völlig ver- queren Denke. Es gibt Fondsmanager, die den Finanzsektor „untergewichtet“ haben, weil sie wissen, dass in dieser Branche etwas nicht stimmt. Trotzdem haben sie immer noch Bankaktien im Fonds. Für ihr privates Depot würden sie diese Titel natürlich nicht kaufen. Das ist doch absurd! Ihr Fonds liegt bei Morningstar deutlich vor dem Kategoriedurchschnitt und meist auch klar vor der Benchmark, die je zur Hälfte aus globalen Aktien und Anleihen besteht. Auf Sicht von drei Jah- ren hinken Sie diesem Index aber leicht hinterher. Ärgert Sie das? Flossbach: Nein, je nachdem, welchen Zeit- raum Sie wählen, liegt der Fonds auch mal hinter einem solchen Vergleichsmaßstab. Doch darum geht es gar nicht. Mein Ziel ist, Geld für meine Anleger zu verdienen, und das ist gelungen: Seit Auflage liegt der Fonds rund 170 Prozent im Plus, der Dax nur rund 40 Prozent. Wissen Sie, ich kenne viele Leute, deren gesamtes liquides Vermögen in diesem Fonds steckt. Das ist nicht irgendein Schnick- schnack, der gegen den MSCI World läuft – das sind die Ersparnisse unserer Kunden! Da kann es nicht darum gehen, auf Quartals- oder Jahresbasis den Index zu schlagen. Aber natürlich ist der Anspruch, auf lange Sicht eine Performance hinzubekommen, die der des Aktienmarktes entspricht, nur eben mit weniger Risiko – und ich meine echtes Risi- ko, nicht Volatilität. Wer keine Schwankungen ertragen kann, sollte sein Geld auf dem Konto liegen lassen. In vermeintlich sichere Anleihen sollte er jedenfalls nicht mehr investieren, sie bieten nur noch zinsloses Risiko. In Ihrem jüngsten Quartalsbericht schreiben Sie, wer in Aktien investieren möchte, sollte fünf Jahre Zeit mitbringen oder andernfalls Kasse halten. Andere Anbieter versprechen Ihren Anlegern auf Sicht von zwölf Monaten eine posi- tive Performance. Flossbach: Das ist schlicht unseriös. Wir leben in einer Welt negativer Renditen, da können Sie niemandem sagen: „Über zwölf Monate machen wir ein Plus!“ Das ist einfach Unfug. Früher war das vielleicht noch mög- lich: Wenn Bundesanleihen vier Prozent ab- werfen, darf ich erwarten, mit einem Abso- lute-Return-Ansatz auch auf Sicht von einem Jahr kein Geld zu verlieren. Aber diese Zeiten sind vorbei. Unser Ziel muss es sein, den deutschen Sparer zumindest ein klein wenig zurück zur Aktie zu bringen. Der Bundesbank zufolge beträgt das Geld- vermögen der privaten Haushalte in Deutschland 5.212 Milliarden Euro, fast die Hälfte davon liegt unverzinst auf Spar- büchern und Konten. Wenn die Bürger in den vergangenen zehn Jahren nur 15 Pro- zentpunkte mehr in Aktien investiert hät- ten, wären sie heute um eine Billion Euro reicher. Das ist auch der Grund, warum es hier in Deutschland noch ein riesiges Po- tenzial für unser Unternehmen gibt – trotz des schnellen Wachstums der vergangenen Jahre. Dafür würde es schon reichen, wenn wir nur ein Prozent des Geldvermö- gens verwalten würden. Das wären 52 Milliarden Euro, mehr als doppelt so viel wie heute. Ist das Ihr Ziel? Flossbach: Nein, das ist kein Ziel, es ist eine mögliche Größenordnung. Wissen Sie, dieses Unternehmen ist unsere Passion. Wenn man es aufgebaut hat, will man es auch wachsen sehen. Dazu kommt, dass wir Dutzende Pri- vatinvestoren kennen, die froh sind, endlich eine vernünftige Geldanlage gefunden zu ha- ben. Das gibt einen unheimlichen Ansporn. Im August vergangenen Jahres machte die Meldung die Runde, dass Sie angeb- lich den Verkauf Ihrer Firma sondieren. Sie hatten das hart dementiert, aber eine Frage bleibt: Was tun Sie, damit die Firma eines Tages auch ohne Sie beide existieren kann? Flossbach: Es gibt nur einen Weg: Junge Leu- te gut ausbilden, die dann reifen wie Wein. Von Storch: Die Zahl der Köpfe, die an Schaltstellen sitzen, ist in den vergangenen Jahren definitiv gestiegen. Doch eine solche Struktur muss organisch wachsen, das können Sie nicht auf dem Papier entwerfen. Um noch einmal auf die völlig falschen Verkaufsge- rüchte einzugehen: Unser Claim lautet derzeit „Konsequent handeln“. Wir werden ihn bald ändern in „Konsequent unabhängig“. Das steht für Konsequenz im Handeln, Konse- quenz im Denken, Konsequenz auch in der Art und Weise, wie wir das Unternehmen führen – und ist wahrscheinlich die beste Ant- wort, die wir auf diese Frage geben können. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH, HANS HEUSER | FP 206 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 Foto: © Christoph Hemmerich » Die Märkte bewegen sich heutzutage so rasant, dass man schnell verloren ist, wenn man keine klare Vorstellung davon hat, was in den nächsten Wochen und Monaten passieren kann. « Kurt von Storch, Flossbach von Storch vertrieb & praxis I ber t flossbach und kur t von storch | flossbach von storch
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