FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015

und Wert. Zum Glück hatten wir in den Jahren nach dem Crash große Privatkun- den, die uns die Stange gehalten haben. Das war ein ganz wichtiger Stabilisator, der uns erlaubt hat, weiterhin Leute einzustel- len. Wir konnten nach vorne schauen und waren nicht nur in der Verteidigung. Dann kam die Finanzkrise. Flossbach: Im Jahr 2007 ist etwas sehr Be- merkenswertes passiert. Eigentlich sind wir Stockpicker und kommen nicht aus dieser klassischen Makrowelt. Doch dann kamen Themen auf wie Subprime oder Monoliner, diese obskuren Kreditversicherer. Wir ha- ben davon gelesen und uns gefragt, was das eigentlich für uns hier in Deutschland und für unsere Investments bedeutet. Das alles habe ich mir im Sommer 2007 von der Seele geschrieben. In einem Quartals- bericht haben wir die Subprime-Thematik erklärt und die ausfallgefährdeten Tranchen mit einem Totenkopf illustriert, um einen kleinen Schocker einzubauen. Ich habe mir eines Tages gesagt: Wenn das alles wahr ist, stehen wir vor einem Kollaps. Das hat uns dazu veranlasst, den im Oktober 2007 aufgelegten Multiple Opportunities anders auszurichten als eigentlich geplant. Ursprüng- lich sollte das ein reines Equity-Vehikel wer- den, mit Aktien, Wandelanleihen und viel- leicht noch Corporate Bonds. Doch dann ha- ben wir uns für einen Absolute-Return-Ansatz entschieden: Wenn wir ein Problem sehen, sollten wir die Möglichkeit haben, das Port- folio davor zu schützen. Wir hatten zum Bei- spiel Put-Optionen auf die einschlägigen Na- men im Portfolio, darunter auch Lehman Brothers. Gold kauften wir eher in geringen Mengen, denn der Fonds war ja hauptsächlich für unsere Kunden aus der Vermögensverwal- tung gedacht, und die hatten ihr Gold schon im Depot. Das Jahr 2008 beendeten wir zwar im Minus, das sich mit knapp 14 Prozent aber noch im Rahmen hielt. 2009 erreichte der Fonds mit nur 50 Prozent Aktienquote ein Plus von über 40 Prozent, vor allem dank der extrem günstigen Wandelanleihen. Diese Pha- se hat unser Vertrauen in die eigenen Fähig- keiten gestärkt. Offensichtlich ist es uns ge- lungen, manche Dinge doch etwas klarer zu sehen als der Wettbewerb. Von Storch: Seither spielt nicht nur die Bot- tom-up-, sondern auch die Top-down-Analyse eine wichtige Rolle für unser Haus. Wir konn- ten nicht sagen, welche Bank es konkret tref- fen wird, aber es war uns klar, dass es sinnvoll ist, diesen Sektor weiträumig zu umschiffen. Also haben wir in den Fonds und Kunden- depots alle Wertpapiere von Banken und Ver- sicherern verkauft und alle Festgelder, Geld- marktfonds und offenen Immobilienfonds gekündigt. Das war relativ radikal – heute würde man sagen: aktiv. Von den insgesamt 22 Milliarden Euro, die Sie verwalten, liegen rund neun Milliarden Euro in einer Strategie: dem Multiple Opportunities. Früher konnten Sie akzentuierte Positionen in Nebenwer- ten nehmen oder sich in Nischen austo- ben, wie 2009 mit den Wandelanleihen. Bei diesem Fondsvolumen geht das heute nicht mehr. Ist das kein Problem für sie? Flossbach: Nein, ich sehe das größere Volu- men sogar als Vorteil an. Wir bewegen uns in einer völlig anderen Welt als früher: Die Vor- stände kommen zu uns, wir haben Zugang zu Personen, die uns vor einigen Jahren noch nicht einmal empfangen hätten. Noch wichti- ger ist ein anderer Aspekt: Ich habe ein unge- duldiges Naturell – da ist es sehr hilfreich, wenn man eine wichtige Entscheidung nicht mehr mit einem Fingerschnippen umsetzen kann. Ich muss eine Position langsam auf- oder abbauen, da kann einem die Psyche kei- nen Strich mehr durch die Rechnung machen. Das wäre nur möglich, wenn ich große Top- down-Wetten eingehen würde, aber genau das tue ich nicht. Solche Wetten können auf Dauer nicht aufgehen. Wir haben zwar ein Weltbild, aber das fließt im Wesentlichen in unsere Bottom-up-Einzeltitelauswahl ein. Von Storch: Genau in dieser Verzahnung von Top-down- und Bottom-up-Entscheidungen liegt der große Mehrwert von Multi-Asset. Die Märkte bewegen sich heutzutage so rasant, dass man schnell verloren ist, wenn man keine klare Vorstellung davon hat, was in den näch- stenWochen und Monaten passieren kann. Das 205 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 den zu enttäuschen“ » Zum Glück hatten wir in den Jahren nach dem Crash große Privatkunden, die uns die Stange gehalten haben. Das war ein ganz wichtiger Stabili- sator, der uns erlaubt hat, weiterhin Leute einzustellen. « Bert Flossbach, Flossbach von Storch

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