FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015
vertrieb & praxis I ber t flossbach und kur t von storch | flossbach von storch 204 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 Foto: © Christoph Hemmerich V on 100 Millionen auf 22 Milliar- den Euro binnen 16 Jahren: Die deutschen Vermögensverwalter Bert Flossbach und Kurt von Storch, bei- de Jahrgang 1961, haben eine der größten Erfolgsgeschichten geschrieben, die das europäische Asset Management seit Lan- gem erlebt hat. Im Interview blicken die beiden Gründer zurück auf turbulente Anfangsjahre – und verraten, was sie mit ihrem Unternehmen noch vorhaben. Herr Flossbach, Herr von Storch, es war gar nicht so einfach, einen Ter- min mit Ihnen zur gleichen Zeit im gleichen Raum zu bekommen. Bert Flossbach: Früher war das anders. An- fangs wollten die Kunden natürlich sehen, wem sie ihr Geld da eigentlich anvertrauen. Heute ist das kaum noch möglich, aber glück- licherweise auch nicht mehr nötig, da wir hoch qualifizierte Mitarbeiter haben. Kurt von Storch: So wie jetzt saßen wir auch bei Goldman nebeneinander. Ellenbogen an Ellenbogen, wie in der Legebatterie. Heute liest und hört man viel über den Erfolg der Firma. Wie es dazu kam, wissen die wenigsten. Also, was ist die Geschichte hinter der Entstehung von Flossbach von Storch? Von Storch: Das hat viel mit Köln zu tun. Wir haben uns Mitte der 1980er-Jahre als Studen- ten der Betriebswirtschaft kennengelernt. Es gab damals vom Lehrstuhl für Bankbetriebs- lehre einen Wertpapierfonds, den die WestLB mit echtem Geld ausgestattet hatte, ich glaube, es waren 100.000 D-Mark. Die Studenten durften dieses Portfolio unter Aufsicht eines Assistenten bewirtschaften, jeden Montag um 19 Uhr in Raum 110. Die Leidenschaft für die Börse hat uns zusammengebracht. 1992 trafen wir uns dann bei Goldman Sachs wieder, wo wir das Privatkundengeschäft der Bank in Deutschland aufgebaut haben. Im Privatkun- densegment war der Name damals noch völ- lig unbekannt. Eine Reaktion war: „Ach, Sie arbeiten jetzt für Gunter Sachs, das ist ja toll!“ Flossbach: Wir hatten große Freiheiten. Wir haben die Kunden akquiriert, betreut und die Portfolios selbst gesteuert – ein heute undenk- bares Konzept innerhalb einer Großbank. Von Storch: Irgendwann wuchs der Wunsch, in die Selbstständigkeit zu gehen. Den Plan ließen wir über ein Jahr reifen, außerdem brauchten wir eine Zulassung als Finanzport- folioverwalter, was damals ganz neu einge- führt wurde und einige Zeit in Anspruch nahm. Das war schon ein Lausbubenstreich, denn der Zeitpunkt war gar nicht so clever gewählt: Goldman Sachs war damals eine Partnerschaft, 1999 stand der Börsengang bevor, da wären wir gut bedacht worden. Die Goldmänner haben dank des Börsengangs viel Geld verdient. Warum haben Sie darauf verzichtet? Flossbach: Daran sehen Sie, dass wir das Un- ternehmen nicht aus rein pekuniären Motiven gegründet haben, sondern weil wir unabhän- gig sein wollten. Wir haben unser Erspartes in die Firma gesteckt und anfangs auch ohne Gehalt gearbeitet. Was der Goldman-Börsen- gang bedeutete, wurde uns erst später so rich- tig bewusst: In einer Partnerschaft, in der die Partner mit ihrem eigenen Geld haften, haben Sie eine Risikokultur, die sich dramatisch von der in großen börsennotierten Gesellschaften unterscheidet. Die Folgen haben wir erlebt. Rückblickend war der Schritt in die Selbst- ständigkeit genau der richtige. Haben Sie damals zu zweit angefangen, oder waren Kollegen an Bord? Flossbach: Wir waren zu fünft. Einer davon ist Bernd Model, der heute Floss- bach von Storch in Zürich leitet. Zum Start hatten wir Mandate im Gegenwert von etwa 100 Millionen Euro. Allerdings muss man wissen, dass das größtenteils Kunden waren, die wir zu Goldman ge- bracht hatten. Die ersten Jahre müssen schwierig ge- wesen sein. Erst pumpte sich die Tech- Blase auf, dann platzte sie. Von Storch: Es war furchtbar. Wir hatten nicht die angesagten Technologiefonds zu bie- ten, die damals das große Geld anzogen. Und wir konnten nicht auf einen jahrelangen Track Record verweisen nach dem Motto: Wir wis- sen, dass wir in diesem Jahr nur fünf Prozent im Plus liegen, nicht 50, aber schau dir die vergangenen zehn Jahre an, da haben wir be- wiesen, dass wir es können. Wir standen vor der Wahl, ob wir recht haben wollten und kei- ne Kunden mehr oder ob wir uns irgendwie durchboxen und einen vertretbaren Mittelweg finden. Letztlich ist aus dieser Phase die Stär- ke der Firma erwachsen. Stellen Sie sich vor, wir hätten 1999 gesagt, wir brauchen mehr von diesem Tech-Zeug? Dann hätten wir unsere Kunden kurzfristig mit enormer Per- formance beglückt – und wären 2001 oder 2002 implodiert. Das ist aber nicht passiert. Flossbach: In diesen verrückten Jahren habe ich meine grauen Haare bekommen. Das Schlimmste in unserem Geschäft ist, wenn man seine Kunden enttäuscht – gerade dieje- nigen, die anfangs den Weg mit einem gegan- gen sind. Das war eine schreckliche Erfah- rung, aber auch ein guter Test, ob wir als Team funktionieren. Rückblickend war es gut, zum Start erst einmal Gegenwind zu bekom- men. Ich glaube, wir haben in dieser Zeit wirklich Antikörper gebildet. Außerdem ha- ben wir damals unsere Investmentphilosophie weiterentwickelt, auf die unser Pentagramm mit den fünf Anlageprinzipien zurückgeht: Diversifikation, Qualität, Flexibilität, Solvenz Bert Flossbach und Kurt von Storch über die Gründung ihres Unternehmens, das rasante Wachstum der vergan- genen Jahre und die Frage, was sie tun, damit Flossbach von Storch eines Tages auch ohne sie existieren kann. „Das Schlimmste ist, den Kun » Die Unternehmens- gründung war schon ein Lausbubenstreich. 1999 stand der Börsen- gang von Goldman bevor, da wären wir gut bedacht worden. « Kurt von Storch, Flossbach von Storch
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