FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015

196 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 vertrieb & praxis I geschäft der indexanbieter Foto: © Nehru | Dreamstime.com, Wisdom Tree I ndexanbieter sind die Vampire der Invest- mentbranche“, sagt ein Asset Manager halb im Scherz, halb im Ernst. Der Ver- gleich mit den nachtaktiven parasitären Blut- saugern zielt auf die Lizenzgebühren, die An- bieter von Produkten wie börsengehandelten Indexfonds (ETFs) oder Zertifikaten zahlen. Auch bei aktiven Fondsgesellschaften, Ver- mögensverwaltern oder Versicherungen lan- den Rechnungen von MSCI, S&P Dow Jones oder Stoxx auf dem Tisch. Denn Portfolio- manager gleichen ihre Leistung regelmäßig mit Vergleichsbarometern ab. Das beschert Indexbetreibern ein einträg- liches Geschäft. Wie hoch die Gebühren sind, die den Erfindern der Börsenbarome- ter zufließen, ist kaum bekannt. Zwar kla- gen Produktanbieter und Fondsmanager einhellig über die hohen Kosten, offen da- rüber sprechen will jedoch kaum jemand. FONDS professionell blickt hinter die Ku- lissen und zeigt, wie das lukrative Geschäft mit Vergleichsmaßstäben ist, wer die Ak- teure sind, wohin sich der Markt entwickelt – und was Anleger unterm Strich bei einem ETF für den Indexnamen zahlen. Die Wurzeln der Marktbarometer reichen bis ins 19. Jahrhundert. Der Journalist und Mitgründer der Wirtschaftszeitung „Wall Street Journal“ und des Unternehmens Dow Jones & Company, Charles Dow, entwickelte 1884 den ersten Börsenindex: den Dow Jones Railroad Average. Der spiegelte die Wertent- wicklung der damals dominierenden Eisen- bahnaktien wider. Aus dieser Messlatte für eine Handvoll Aktien entstand der Dow Jones Industrial Average. Der entwickelte sich zur Fieberkurve für die Lage der amerikanischen Wirtschaft. Heute deckt ein großes Spektrum an Indizes praktisch alle Nischen der Kapital- märkte ab, seien es südamerikanische Neben- werte, Unternehmensanleihen aus Schwellen- ländern oder Eisenerzpreise. Selbst zu ausge- klügelten Strategien oder besonders exoti- schen Märkten findet sich eine Messlatte. Kunden gebunden Damit wuchs auch Dow Jones von einem Zweimannunternehmen zu einem weltweit agierenden Informationskonzern. Das Index- geschäft brachte Dow Jones & Company im Jahr 2012 in ein Joint Venture mit dem Ra- ting- und Researchkonzern McGraw Hill Financial als Mehrheitseigner sowie dem Börsenbetreiber CME Group ein. Das Unter- nehmen firmiert nun als S&P Dow Jones Indices. Der Konzern erwirtschaftete im Jahr 2014 einen Umsatz von 552 Millionen Dollar und einen Gewinn vor Steuern und Abschrei- bungen von 351 Millionen Dollar. Ähnlich profitabel arbeitet auch der einstige Markt- führer MSCI, der hinter dem globalen Markt- barometer MSCI World steht. Weitere wichtige Anbieter sind etwa FTSE und Russell, die zur London Stock Exchange gehören. In Europa zählt der besonders im Anleihenspektrum bekannte Anbieter Markit mit den iBoxx-Barometern zu den wichtigen Akteuren. Für den amerikanischen Bondmarkt sowie bei Schwellenländeranleihen kommt den Barometern von Barclays dagegen eine größere Bedeutung zu. Die Deutsche Börse wiederum hat jüngst das mit den Schweizer Kollegen gegründete Gemeinschaftsunterneh- men Stoxx vollständig übernommen. Die- ses vermarktet den Dax und berechnet die Standardbarometer auf europäische Werte wie den Eurostoxx 50 oder den Stoxx 600. Warum wuchs das Geschäft zu so einer Größe, und warum ist es so profitabel? Zunächst ist die Kundschaft groß – und lässt sich gut binden. Die aktiven Portfo- liomanager nutzen die Barometer als Ver- gleichsmaßstab. So zeigen sie An- legern, Aufsehern und schließlich auch sich selbst, wie sich ihr Fonds im Vergleich zum Markt und zumWettbewerb schlägt. Und wer sich mit einem Index Die Asset-Management-Industrie boomt. Aber egal ob hier aktive oder passive Fonds verkauft werden, jedes Mal verdient ein Dritter mit: der Indexanbieter. Parasitäres Wachstum Symbiotisches Verhältnis: Pilze wachsen an einem Baumstamm. Ebenso profitiert die Indexbranche von der wach- senden Nachfrage nach passiven Investments wie ETFs und dem Bedarf an akkuraten Vergleichsmaßstäben. Wichtige Indexanbieter für ETFs Indexanbieter nach dem in ETFs verwalteten Vermögen. Quelle: London Stock Exchange Group, ETFGI, Unternehmen, Stand: Ende 2014 0 200 400 600 S&P Dow Jones MSCI FTSE & Russell Barclays CRSP Stoxx Markit 852 Mrd. USD 377 Mrd. USD 372 Mrd. USD 250 Mrd. 130 Mrd. USD 100 Mrd. USD 81 Mrd. USD

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