FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015
rückziehen müssen. Ich kann Ihnen versi- chern, dass Häuser in Deutschland deutlich billiger sind als in London. Wie sieht es mit Aberdeen als Über- nahmekandidat aus? Angeblich haben Sie bei Investoren angefragt, ob diese Interesse an dem Haus haben? Da ist nichts dran. Wir haben niemals jeman- den angesprochen. In meinen 32 Jahren hier habe ich es schätzen gelernt, ein unabhängiges Haus zu leiten. Das ist ungeheuer wichtig. In Deutschland etwa können wir als unabhängi- ger Anbieter auf allen Vertriebsplattformen vertreten sein. Würden wir aber einer Bank oder einer Versicherung gehören, wäre das ungemein schwieriger. Einige Türen blie- ben uns dann verschlossen. Unser Ziel ist, ein zuverlässiger und strategischer Partner von Banken und anderen Finanzdienstleis- tern zu sein. Deswegen müssen wir unab- hängig bleiben. Sie hatten für das Fintech Nutmeg ge- boten, das Online-Vermögensberatung bietet. Den Zuschlag hat aber schließ- lich Ihr Konkurrent Schroders erhal- ten. Ärgert Sie das? Ach nein, so ist das nun mal im Leben. Außerdem hat Schroders bei Nutmeg nur eine Minderheitsbeteiligung. Wir haben mitt- lerweile Parmenion Capital Partners komplett übernommen. Diese bieten freien Vermögens- beratern Techniken aus dem Robo-Advice als Hilfsmittel in Kundengesprächen. Öffnet die Beratung per Algorithmus eine Tür zum Direktkundengeschäft? Ja, letztendlich wollen wir das Endkunden- geschäft über diese Plattform laufen lassen. Dafür haben wir Parmenion ja gekauft. Sie haben ein hervorragendes Technikteam und eine sehr gute Plattform. Doch das benötigt noch viel Zeit und Arbeit, bis wir dieses Ziel umgesetzt haben. Aber es ist gar nicht so einfach, als Finanzdienstleister Kunden online an- zusprechen. Wie soll das gelingen? Es gibt eine interessante Umfrage, wonach 80 Prozent der Kinder später nicht auf die Diens- te der Finanzberater ihrer Eltern zurückgreifen werden. Das beobachte ich auch bei meinen eigenen Kindern. Die machen alles über ihr Smartphone. Letztlich wollen sie auch Fonds über ihr Smartphone kaufen und verkaufen. Sie wollen nicht mit einem Berater oder einer Telefonhotline sprechen. Also müssen wir uns die unterschiedlichen Kanäle sehr genau anschauen. Wird Robo-Advice die Vermögensver- waltung der Zukunft? Dieser Bereich ist zu wichtig, um ihn zu igno- rieren. Und wenn man ihn ignoriert, dann kann man in ein paar Jahren aus dem Geschäft gedrängt werden. Ich werde dafür bezahlt, dass ich Paranoia habe – Paranoia über all die Gefahren, die unser Geschäft bedrohen könnten. Und theoretisch könnte dieser Tech-Advisor-Trend uns zum Ver- hängnis werden. Darauf sollte man besser vorbereitet sein. Man muss ja nicht gleich riesige Summen hineinstecken. Ein Engagement aus voller Überzeugung hört sich aber anders an. Ich bin auch gar nicht so positiv gestimmt, was das Thema Robo-Advice angeht. Die großen Fondshäuser werden dieses Modell aufgreifen. Von wenigen Ausnahmen ab- gesehen haben die neuen Spieler auch nicht viel Geld eingesammelt. Wir müssen ein- fach bereit sein, wenn sich ein Wandel vollzieht. Aber die Vermögensberater müs- sen sich vor dieser Entwicklung fürchten. Wenn ich Berater wäre, würde ich mir sehr genau überlegen, wie ich vorgehe, wenn das Vermögen von der jetzigen Generation auf die Kinder wechselt. Ein Berater darf nicht darauf hoffen, dass ihm die Kinder die Treue halten, bloß weil er die Eltern gut betreut hat. Martin Gilbert: „Ich bin gar nicht so positiv gestimmt, was das Thema Robo-Advice angeht. Die großen Fondshäuser werden dieses Geschäftsmodell aufgreifen.“ vertrieb & praxis I mar tin gilber t | aberdeen 192 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 » Ein Berater darf nicht darauf hoffen, dass ihm die Kinder die Treue halten, bloß weil er die Eltern gut betreut hat. « Martin Gilbert, Aberdeen Foto: © Sarah Weal Herbe Abflüsse Nettomittelaufkommen von Aberdeen je Geschäftsjahr in Milliarden britische Pfund Zweifel am Schwellenländerwachstum zehren an den Mittel- flüssen. * per Ende Juni, Geschäftsjahr per Ende September | Quelle: Aberdeen -20 -15 -10 -5 0 Mrd. £ 5 2015* 2014 2013 2012 2011 2010 -21,2 Mrd. £ -20,4 Mrd. £ -2,5 Mrd. £ 0 Mrd. £ -1,7 Mrd. £ +2,6 Mrd. £ S 2 6 %
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