FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015
188 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 tertür zum Direktgeschäft mit Endkunden. Die britischen Häuser hatten 2014 in einem Bie- tergefecht um einen Anteil an der Plattform Nutmeg gerungen. Am Ende erhielt Schroders den Zuschlag. Aberdeen griff stattdessen im September 2015 bei Parmenion Capital Part- ners zu. Die Gesellschaft bietet Beratern digi- tale Portfoliolösungen. „Parmenion ist perfekt platziert, um die wachsende Nachfrage nach Online-Investment-Diensten zu befriedigen“, sagt Martin Gilbert, Vorstandschef von Aber- deen. In Zukunft soll der Direktvertrieb über diese Plattform laufen. Das brauche aber noch viel Zeit und Arbeit (siehe auch das Interview auf Seite 190). Digitales Testfeld Auch für Schroders dient die automatisierte Beratung als Spielfeld, um Erfahrung im digi- talen Kontakt mit den Endkunden zu gewin- nen. „Wir wollen vor allem lernen, wie der Markt funktioniert und auf welche Ansprache die Kunden reagieren“, sagt James Cardew, globaler Marketingchef bei Schroders. „Digi- tale Vermögensberatung erachten wir nicht als eine Art Supermarkt, in dem die ganze Fonds- palette zum Verkauf angeboten wird. Viel- mehr sehen wir sie im Rahmen einer für den Kunden gezielt zugeschnittenen, aber umfas- senden Planung für den Vermögensaufbau.“ Auf der digitalen Spielwiese gibt es viel zu lernen. So sind etwa Videos, die das Produkt- angebot begleiten und erläutern, entscheidend für den digitalen Marketingerfolg. „Es ist aber eine große Herausforderung, komplexe In- vestmentthemen in Videos kurz und prägnant zu erläutern“, berichtet Cardew. Entsprechend will Schroders die Ressourcen aufstocken und mehr Infografiker, Multimedia- sowie Social- Media-Experten einstellen. Doch mit ganzem Herzen ist die Branche bei dem Thema nicht dabei. „Speziell in Deutschland ist noch sehr die persönliche Beratung gefragt“, sagt Nonner von der FFB. Per Smartphone würden zwar zunehmend kleinere Einkäufe getätigt. „Aber der Ab- schluss einer Lebensversicherung über 100.000 Euro beispielsweise erfordert einen längeren Entscheidungsprozess, den man nicht während der U-Bahn-Fahrt trifft und online abschließt“, meint Nonner. „Ich kann zwar nicht ausschließen, dass Robo-Advice den Markt grundsätzlich verändern wird. Bis- lang sehe ich es aber eher als Impulsgeber.“ Zukunftstrend nicht verpassen „Wir arbeiten gern mit Fintechs zusam- men“, sagt Blackrock-Manager Machts. „Neben kreativer Technologie braucht es aber Erfahrung und Erfolg im Vertrieb.“ Viele der Ideen werden zudem von den Großen der Branche übernommen und in den eigenen Service eingebaut. Der Ideenvorsprung der Start-ups gegenüber den etablierten Akteuren geht also nach und nach verloren. Auch Schroders und Aberdeen glauben nicht an den raschen Erfolg. „Auch wenn einige bestehende Kunden auf die Onlineplatt- form umsteigen: Digitale Beratung wird in nächster Zeit noch nicht so ein großes Volu- men erreichen, wie es oft propagiert wird“, sagt Cardew. Aberdeen-Chef Gilbert anderer- seits befürchtet, einen Zukunftstrend zu ver- passen und irgendwann aus dem Geschäft gedrängt zu werden, wenn sein Haus die Algo-Beratung ignoriert. Union Investment wiederum will den Ver- trieb in den Volks- und Raiffeisenbanken nicht torpedieren. Daher bieten die Genossen auf Visualvest zwar in 14 Musterportfolios eine Auswahl aus 13.000 aktiven und passiven Fonds, doch darunter ist kein einziges Produkt aus dem eigenen Haus. „Wir wollen durch die Plattform lernen, wie man die Generation der 18- bis 35-Jährigen für die Geldanlage gewin- nen kann“, erläutert Andreas Zubrod, Vorstand Recht, Finanzen und Infrastruktur bei Union Investment. Das Angebot richtet sich explizit nur an eine jüngere, technikaffine Zielgruppe, die kaum mehr in eine Bankfiliale geht und ihre Geldanlage vom heimischen Sofa aus er- ledigen möchte. In Finanzdingen erfahrene Selbstentscheider, die sich ihr Portfolio bei Online-Direktbanken selbst zusammen- stricken, wollen die Genossen ausdrücklich nicht ansprechen. Visualvest hat Union ausschließlich in Eigenleistung entwickelt. Rund fünf Millionen Euro hat der Fondsanbieter dafür in die Hand genommen. Jedes Jahr sollen noch einmal zwei Millionen an laufenden Kosten dazu- kommen. Derzeit sind 14 Mitarbeiter für die Digitaltochter tätig, von Programmierern über Marketingfachleute bis hin zu Finanzberatern. Sollte das Konzept bei der Zielgruppe ankom- men, wollen die Genossen die Technik even- tuell auch für den Bankvertrieb anbieten. Geringe Relevanz Während die Union sich zumindest vor- behält, das digitale Engagement auszubauen, bleiben andere bewusst außen vor. Das briti- sche Fondshaus M&G etwa beobachtet den Fintech-Hype weiterhin nur vom Spielfeld- rand. „Ich beobachte die Entwicklung genau. Aber ich glaube, dass dieses Thema noch nicht die Größe und Relevanz gewonnen hat, die einen Einstieg erforderlich erscheinen lässt“, sagt Jonathan Willcocks, globaler Ver- triebschef für Publikumsfonds bei M&G. Zu- dem verweist er auf die Strategie des Tradi- tionshauses. „Vor allem ist dies eher ein The- ma für unsere Vertriebspartner als für uns selbst. Wir sehen uns vorwiegend als Produkt- lieferant für Investmentlösungen von Dritten.“ Derzeit ist also offen, ob neben den knallgrü- nen Nutmeg-Plakaten eines Tages auch Wer- bung im gedeckten M&G-Grün Onlinebera- tung anpreisen wird. SEBASTIAN ERTINGER | FP vertrieb & praxis I robo-advice im asset management Foto: © M&G, Schroders Jonathan Willcocks, M&G: „Das Thema Robo-Advice hat noch keine besondere Größe und Relevanz.“ James Cardew, Schroders: „Wir wollen vor allem lernen, wie der Markt funktioniert.“
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