FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015
168 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 vertrieb & praxis I wir tschaftskammer Foto: © Fachakademie für Finanzdienstleister (FAF)/APA-Fotoservice/Arman Rastegar D as Schauspiel, das mit dem Abgang von Wolfgang Göltl als Fachverbands- obmann der Finanzdienstleister auf Bundesebene sowie als Obmann der Fach- gruppe Wien endete, erinnert an das Ende von FIFA-Chef Josef Blatter, der im Herbst dieses Jahres letztlich doch zurücktrat. Blatter hatte noch sehr lange versucht, seine Position trotz der wiederholt gegen ihn und der von ihm geführten Organisation vorgebrachten Vor- würfe zu verteidigen. Bis zuletzt sah er nicht ein, dass es in so einem Fall nicht entschei- dend ist, ob man sich als Spitzenfunktionär selbst ein Fehlverhalten vorwerfen muss oder nicht. Göltl wurde die von ihm 1996 mitgegrün- dete Fachakademie für Finanzdienstleister (FAF) zum Verhängnis. Obwohl die FAF als privater Verein organisiert ist, erfolgte niemals eine saubere Trennung zwischen ihr und der Wirtschaftskammer Wien. Unbedarfte Beob- achter hatten stets den Eindruck, die FAF sei Teil der Wirtschaftskammer und eine Karriere als Finanzberater ohne FAF-Schulung kaum möglich. FONDS professionell berichtete bereits im Jahr 2000: „Kritisiert wird von einigen Berufseinsteigern, dass man als angehender Gewerbescheininhaber de facto gezwungen ist, das Bildungsangebot der Kammer in Anspruch zu nehmen.“ Dass eini- ge angestellte Mitarbeiter der Wirtschaftskam- mer Wien auch leitende Funktionen in der FAF bekleideten und dabei von ihrem Kam- mer-Arbeitsplatz aus die Geschäfte der FAF betrieben, verstärkte diesen Eindruck zusätz- lich. In all den Jahren hatte die Wirtschafts- kammer damit aber kein Problem, Kammer- präsident Christoph Leitl war sogar bis vor Kurzem Ehrenpräsident der Akademie. Erst nachdem sich bei den letzten Wirt- schaftskammerwahlen die Machtverhältnisse verschoben haben und der Sozialdemokrati- sche Wirtschaftsverband (SWV) mehr Man- date erzielte als der Wirtschaftsbund, dürfte das Konstrukt kammerintern hinterfragt wor- den sein. Quasi aus heiterem Himmel wurden die Kammer- und FAF-Mitarbeiter Georg Plesnik und Mario Art Anfang September ihrer Kammeraufgaben enthoben, wobei bis- her keine offizielle Erklärung dafür vorliegt. Da Plesnik mehr als ein Jahrzehnt Geschäfts- führer der Wiener Fachgruppe war, liegt nahe, dass es für diese Trennung schwerwiegende Gründe gab. In informierten Kreisen reichte die Band- breite der Erklärungen von ungeklärten Zah- lungsströmen zwischen Wirtschaftskammer Wien und FAF bis zu dem Gerücht, dass den langjährigen Kammermitarbeitern arbeits- rechtliche Verfehlungen vorgeworfen wurden. Bewiesen ist nichts davon, bekannt ist nur, dass sowohl Plesnik als auch Art führende Funktionen in der FAF bekleideten und diese Aufgaben bis zu ihrer Abberufung von ihren Kammerbüros aus betreuten. Auch warum Göltl letztlich doch die Kon- sequenzen gezogen hat, ist bislang nicht bekannt. Er trag Anfang Oktober von allen Ämtern zurück und erklärte diesen Schritt so: „Beschleunigt wurde meine Entscheidung durch den von mir empfundenen Wegfall des Vertrauensverhältnisses innerhalb der Wirt- schaftskammer Wien und die seit einigen Wo- chen dauernden Angriffe anderer gegen meine Person. Gerade auch um der Klärung nicht im Wege zu stehen, habe ich meine bereits geplante Übergabe vorgezogen.“ Was aber eigentlich genau „der Klärung“ bedarf, wur- de dabei weder von Göltl noch von der Wirt- schaftskammer kommuniziert und lässt somit Raum für Spekulationen. Mehrgleisigkeit Fest steht, dass viele Beobachter die nun klar erkennbare Abgrenzung zwischen Wirt- schaftskammer und Fachakademie begrüßen. Dass Mitarbeiter der Wirtschaftskammer wäh- rend ihrer Arbeitszeit nebenher ein Zweitge- schäft betreiben und dafür auch die mit Zwangsbeiträgen der Kammermitglieder finanzierte Infrastruktur nutzen, ist schwer ar- gumentierbar. Obwohl die FAF ein nicht ge- winnorientierter Verein ist, kassiert sie von den Nutzern des Bildungsangebots beträcht- liche Beiträge, wer hier aber wie viel verdient und wofür diese Bezüge bezahlt werden, ist für Außenstehende nicht überprüfbar. Die Wirtschaftskammer äußerte sich nicht zu dem Thema, Pressesprecher Martin Sattler teilte schon vor Göltls Rücktritt auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE mit: „Die FAF ist ein privater Verein, zu dem die Wirt- schaftskammer in keiner unmittelbaren Ver- bindung steht. Personelle oder organisatori- Mit dem Rücktritt von Wolfgang Göltl als oberster Interessenvertreter der Finanz- dienstleister bietet sich die Chance eines echten Neuanfangs innerhalb der Kammer. Kammer spiele Keine Trennung zwischen Kammer und FAF: Die Diplomverleihung der Fachakademie für Finanzdienstleister (FAF) erfolgte 2014 durch FAF-Präsident Wolfgang Göltl (1.v.l.) sowie durch Georg Plesnik (3.v.l.), Geschäftsführer der FAF.
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