FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015

vertrieb & praxis I pools A ls die Finanzmärkte ab 2008 in die Knie gingen und eine Krise ausbrach, die die Finanzbranche bis heute in mehrfacher Hinsicht belastet, hätte man annehmen können, dass ein Finanzvertriebs- unternehmen wie die Grazer Ariconsult-Grup- pe zu den größten Opfern dieser Entwicklung zählen würde. Der ohnedies durch die Pro- bleme bei einigen Immobilienaktien ausge- löste Beraterschwund beschleunigte sich nach 2008 noch einmal. Hatten in der Spitze deut- lich mehr als 2.000 Berater ihr Wertpapierge- schäft über Ariconsult beziehungsweise die entsprechend konzessionierten Tochterunter- nehmen abgewickelt, lag die Zahl der bei der FMA gemeldeten Namen in jüngerer Zeit unter 400. Wenn sich die Zahl der Zulieferer um 80 Prozent verringert, wirkt sich das im Normalfall auf die Ertragslage eines Unter- nehmens negativ aus – und zwar auch dann, wenn man davon ausgeht, dass sich unter den verbliebenen Partnern die leistungsstärksten befinden. Sieht man sich allerdings die Bilanzen der Ariconsult Financial Provi- der GmbH an, ist das Gegenteil der Fall. Die Grazer scheinen von der Entwick- lung sogar profitiert zu haben. Wie ist das möglich? Mit dem Zwang zum Haftungsdach für Wertpapierberater hat der Gesetz- geber den österreichischen Maklerpools, die diese Funktion übernommen ha- ben, quasi ein Oligopol verliehen. Eine Auswir- kung dieser Regelung ist der Umstand, dass die Kunden des einzelnen Beraters ab dem Au- genblick, an dem er sich einem Haftungs- dach angliedert, nicht mehr ohne Weiteres auf ein anderes Haftungsdach transferiert werden können. Will ein Berater zu einem anderen Unternehmen wechseln, kann er seine Kun- den grundsätzlich mitnehmen, er benötigt da- zu aber in jedem einzelnen Fall das schriftli- che Einverständnis des jeweiligen Kunden. Dieser muss einer Übertragung seiner Daten zu den neuen Partnern seines Beraters (Haf- tungsdach und Depotbank) zustimmen. Eine solche Übertragung gestaltet sich in der Praxis daher – gelinde gesagt – mühsam. Kündigungen Etliche der früheren Ariconsult-Partner lösten die Geschäftsverbindung aber gar nicht selbst, sondern wurden von dem Pool gekün- digt, wenn über einen längeren Zeitraum hin- weg kein Neugeschäft gemacht wurde. Wer- den die Bestände nun aber nicht auf eine an- dere Wertpapierfirma übertragen, bleiben sie und die damit verknüpften Be- standsprovisionen beim bisheri- gen Haftungsdach. Manche Be- troffene wird das auch nicht weiter stören, weil sie sich oh- nedies aus dem Geschäft zu- rückziehen und auf die paar Euro, die sie noch aus alten Beständen be- kommen könn- ten, verzichten. Wer allerdings weiterhin in der Branche tätig bleiben will und sei- ne Kunden nicht zu ei- nemWechsel überreden kann, verliert im Fall einer solchen Kündigung ebenfalls die damit verbundenen Einnahmen. Von dieser Situation profitierte die Aricon- sult Financial Provider GmbH. Wie man aus den Bilanzen herauslesen kann, wurden die Provisionsaufwendungen im Verhältnis zu den Erträgen immer geringer, was zu einer Um- kehrung der Ertragssituation geführt hat. Von den Provisionseinnahmen werden nicht mehr wie im Jahr 2009 rund 89 Prozent weiterge- geben, sondern nur noch 65 Prozent. Bei na- hezu unveränderten Provisionseinnahmen von 8,5 Millionen Euro im Jahr 2009 beziehungs- weise 8,6 Millionen Euro im Jahr 2014 wurde so binnen fünf Jahren aus einem Bilanzver- lust von 60.000 Euro ein Bilanzgewinn von 658.000 Euro. Eigenfondsabsatz Der aufgrund der Regulierung bestehende Zwang für Berater, unter einem Haftungsdach zu arbeiten, hat für die Ariconsult dank ihrer dominanten Stellung im unabhängigen Ver- trieb auch andere ertragswirksame Vorteile. Dank des Vertriebspartnernetzes konnten auch die Fonds der zur Unternehmensgruppe gehö- renden Ariqon Asset Management vergleichs- weise erfolgreich platziert werden. Allein im Flaggschiff-Fonds der Gesellschaft, dem Ariqon Konservativ, stecken heute zirka 160 Millionen Euro, in Summe verwaltet das Unternehmen rund 270 Millionen Euro. Der Maklerpool nutzt seine Marktstellung für den Absatz der eigenen Fonds, indem er auf Partnerveranstaltungen für sie die Wer- betrommel rührt. Hier verdient die Unterneh- mensgruppe zweimal am Fondsabsatz. Allein beim Bestseller des Hauses, dem Rentenfonds Ariqon Konservativ, betrug die Kostenbe- lastung im Vorjahr 2,14 Prozent – und zwar ohne Transaktionskosten und Per- formance Fee. Allein Letztere be- trug 2014 0,49 Prozent. Insgesamt konnte die AG 2014 bei einem EGT von knapp 3,5 Millionen Euro einen Bilanzgewinn von 1,4 Millionen Euro erzielen und ist damit ertragreicher als das Haf- tungsdach. GERHARD FÜHRING | FP Dass aufgrund der Finanzkrise viele Berater das Handtuch werfen mussten, beschert dem Maklerpool Ariconsult eine deutlich bessere Ertragslage. Profitables Beratersterben Aricon-Chef Werner Barwig Ariconsult Financial Provider GmbH 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Provisionserträge 8.512.245 11.247.184 8.825.858 10.057.088 9.386.322 8.623.734 Provisionsaufwendungen -7.617.800 -9.200.513 -6.702 004 -7.277.722 -6.407.302 -5.583.504 Provisionsweitergabe in Prozent 89 % 82 % 76 % 72 % 68 % 65 % EGT 947.504 2.099.953 2.379.215 3.259.731 3.033.225 3.132.486 Bilanzgewinn -60.686 277.190 177.323 788.594 1.023.719 658.834 158 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 Foto: © Marlene Fröhlich

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