FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2015
128 www.fondsprofessionell.at | 4/2015 sachwerte I crowdfunding-gesetz Foto: © Eziogutzemberg | Dreamstime.com D ie Wirkung des neuen Alternativfinan- zierungsgesetzes, besser bekannt als Crowdfunding-Gesetz, entfaltet sich. Emittenten und Vertriebe nutzen die Gunst der Stunde und sammeln so viel Anlegerkapital wie noch nie ein (siehe Crowdinvesting-Story auf Seite 124). Derweil schauen die Anbieter geschlossener Fonds durch die Finger. Sie können kein Neugeschäft machen, was weni- ger am Vertrauensverlust einiger Anleger als vielmehr am Gesetzgeber liegt. Durch das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz (AIFM-Gesetz) ist der Vertrieb geschlossener alternativer Investmentfonds (geschlossener Fonds) an den herkömmlichen Privatanleger quasi verboten. Diese apodiktische Haltung ist in Fachkreisen umstritten: Erstens werden Privatanlegern nicht nur unseriöse, sondern auch professionelle Fonds vorenthalten, mit denen höhere Erträge als bei festverzinslichen Anlagen möglich sind. Zweitens sind die Fondsanbieter gegenüber dem Crowdfunding- Gesetz klar benachteiligt, weil Crowdinvest- ments unreguliert sind, obwohl die Anleger ein Verlustrisiko tragen, das sogar höher ist als bei geschlossenen Fonds. Politik ist nicht kritikfähig Im Finanz- und Wirtschaftsministerium und bei den Ressortsprechern der Nationalrats- parteien versickern Hinweise auf diese gra- vierende Diskrepanz. In Deutschland wurde die europäische AIFM-Richtlinie umsichtiger und moderater umgesetzt. In der österreichi- schen Regierung besteht jedoch kein Wille, sich daran zu orientieren. Es gab zwar im Sommer 2014 eine Novelle des österreichischen AIFM-Gesetzes, bei der einerseits der „qualifizierte Privatkunde“ zur Welt kam, andererseits wurden dadurch wi- dersinnigerweise auch plötzlich für diesen Investorenkreis hohe Hürden für eine Beteili- gung an einemAIF geschaffen (siehe FONDS professionell Ausgabe 3/2014). Der FPÖ-Fi- nanzsprecher Hubert Fuchs, im Zivilberuf Steuerberater in Wien, bezeichnete die Novel- le als „Irrsinn“ und kritisierte diese Regeln: „Damit man in einen breit gestreuten Dach- fonds investieren darf, mit dem man das Anlegerrisiko minimiert, muss man nachwei- sen, dass man jahrelang mit hochriskanten Aktien spekuliert hat. Normalerweise ist es genau umgekehrt: Einem unerfahrenen An- leger empfiehlt man eher das Investment in einen breit gestreuten Fonds und nicht in riskante Einzeltitel.“ Das Crowdfunding-Gesetz regelt riskante Beteiligungen an jungen Unternehmen sehr liberal. Das hebelt den Anlegerschutz aus, der im strengen AIFM-Gesetz gilt. Zweierlei Maß Vergleicht man das Alternativfinanzierungsgesetz mit dem Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz zeigt sich eine deutliche Benachteiligung der Anbieter von geschlossenen Fonds gegenüber Crowdinvestments. Notwendige Reform des AIFM-Gesetzes Mit der 2014 verabschiedeten Reform des AIFM-Gesetzes sind Fondsmanager und einige Politiker unzufrieden. Die Fraktion Neos hat im Juli 2015 im Nationalrat einen Antrag zur Änderung des AIFM-Gesetzes eingebracht. Die Partei fordert die Herabsetzung des Mindestbeteiligungs- betrags für Privatanleger von 100.000 auf 30.000 Euro. Das deklarierte Ziel des AIFM-Gesetzes sei eine Erleich- terung der Finanzierung von Unternehmen. Daran sollten sich auch Anleger beteiligen können. Die gesetzlichen Hürden seien aber „derzeit extrem hoch“. Der Antrag wur- de dem Finanzausschuss des Parlaments zugewiesen. Dem Ausschuss liegt bereits ein im Juni 2014 im Parla- ment eingebrachter Antrag der Neos zur Abänderung des AIFM-Gesetzes vor. Darin forderten der Abgeordnete Niko Alm und seine Kollegen unter anderem eine völlige Strei- chung des Verbots des Vertriebs an Privatkunden für registrierte sowie für konzessionierte Manager von Alter- nativen Investmentfonds (AIFM). Denn der Vertrieb an Pri- vatanleger sei ohnedies umfassend im Kapitalmarktgesetz geregelt, und durch das AIFM-Gesetz müssten sowieso sämtliche Fonds bei der Finanzmarktaufsicht erfasst und von ihr kontrolliert werden. „Private sind das Rückgrat des österreichischen Beteiligungsmarktes. Deren Ausschluss würde den Fortbestand vieler heimischer Fonds unmög- lich machen und dem Standort Kapital entziehen“, pro- gnostizierten die Neos. Auch dieser Antrag wurde im Fi- nanzausschuss noch nicht behandelt. Der FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs forderte im Juli 2014 im Nationalrat: „Die Deutschen haben uns mit dem Kapitalanlagegesetzbuch gezeigt, wie man die AIFM- Richtlinie sinnvoll umsetzen kann. Nehmen wir uns doch ein Beispiel an der deutschen Regelung!“ Die RWB-Gruppe wünscht sich, dass die Regeln zum Privatkundenvertrieb aus dem Crowdfunding-Gesetz in das AIFM-Gesetz übernommen werden, sodass ein ein- heitliches Konzept entsteht. „Es gibt ja auch keinen Grund, für die Investition in Fonds, deren Manager streng reguliert sind, strengere Vorschriften zu erlassen als für die Inves- tition in Unternehmen, die keiner Aufsicht unterliegen, ins- besondere nicht hinsichtlich Portfolio- und Risikoma- nagement, und bei denen das Risiko eines Verlustes, auch eines Totalverlustes, sehr hoch ist. Solche Verlustquoten dürften wir uns als Fondsanbieter nicht leisten“, erklärte RWB-Austria-Vertriebsdirektorin Birgit Schmolmüller gegenüber FONDS professionell.
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