FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2015

74 www.fondsprofessionell.at | 1/2015 wie in unserer Studie wirklich nur auf einen Markt wettet, würde das Gebot der Risiko- streuung missachten“, sagt Rommelfanger. „In unseren Strategien setzen wir daher meist auf fünf bis zwölf Fonds.“ Fonds auf Einzel- märkte bleiben bei konservativeren Kunden außerdem unberücksichtigt. „Wenn wir bei- spielsweise auf den brasilianischen Aktien- markt setzen wollten, würden wir dann einen Fonds mit hohem Brasilien-Anteil kaufen, aber kein reines Brasilien-Produkt.“ Unbeliebt und unterbewertet Auch wenn die antizyklische Denke bei wenigen Investmenthäusern so zur DNA ge- hört wie bei SJB, gibt es doch eine ganze Reihe von Fondsanbietern, die ihre Manager ermutigen, gegen den Strom zu schwimmen. Dazu gehört ohne Frage auch Skagen. Die Fondsgesellschaft hat ihren Sitz fernab aller Finanzzentren in Stavanger, einem ehemali- gen Fischerdorf im Süden Norwegens. Die Portfoliomanager umschreiben ihre Philosophie mit den drei „U“: Das erste U steht für „Unpopular“, das zweite für „Under- researched“: Unter unbeliebten oder von Ana- lysten kaum beachteten Unternehmen suchen die Skagen-Profis am liebsten nach Kandida- ten für ihre Portfolios. Sie greifen aber erst zu, wenn auch das dritte U erfüllt ist, das für „Undervalued“, also unterbewertet, steht. Für Skagen-Manager stellen unbeliebte Aktien im Portfolio ausdrücklich kein Karriererisiko dar – anders als bei vielen anderen Häusern. Contrarian-Wette Russland Wirklich mutigen Anlegern rät SJB übri- gens, einen Blick auf den russischen Aktien- markt zu werfen. Der MSCI Russia verlor 2014 auf Eurobasis 38,8 Prozent an Wert, während der MSCI World 19,6 Prozent ge- wann. „Aus Sicht des antizyklischen Inves- tors ergeben sich nach dem aggressiven Ausverkauf russischer Aktien wie auch der Landeswährung Rubel ausgezeichnete Invest- mentchancen“, sagt Rommelfanger, „wer trotz der Krisenstimmung die auf ein konkurrenz- los niedriges Bewertungsniveau zurückgefal- lenen russischen Aktien erwirbt, dürfte reich belohnt werden.“ Auf schnelle Gewinne dürfen Anleger da- bei nicht hoffen, schließlich können die Kurse noch munter weiter fallen. Darauf machte schon vor Jahren Hans van de Weg aufmerk- sam, bis Juni 2014 Manager des ING Invest Europe Opportunities und einer der profi- liertesten Contrarians: „Bei einer Contrarian- Strategie ist nie klar, wann sie sich auszahlt. Die Frage ist letztlich, wie viele Schmerzen man ertragen kann.“ BERND MIKOSCh | FP markt & strategie I antizyklisches investieren Foto: © Sal. Oppenheim Contrarian- und Quant-Ansatz in einem Fonds Bei Sal. Oppenheim sitzt ein Team, das seit Jahren quan- titative Aktienstrategien für institutionelle Investoren ent- wickelt. Ein neuer Publikumsfonds zapft dieses Know-how an, um aus Hunderten abgestraften Aktien die besten her- auszufiltern. Die Ergebnisse der Rückrechnung wecken Interesse. Fonds: Der im Oktober 2014 lancierte Deutsche Invest II Global Contra Strategy (ISIN LU1092464335) soll die Chancen antizyklischen Investierens nutzen, zugleich je- doch versuchen, die damit verbundenen Risiken zu ver- meiden. Die beiden Fondsmanager Irina Sidorovitch und Cord Brannolte kaufen nur Aktien, die deutlich schlechter abgeschnitten haben als der MSCI World. Um aus diesen „Underperformern“ die attraktivsten Titel herauszufiltern, kommt ein seit Jahren bewährtes Aktienselektionsmodell von Sal. Oppenheim, der „Quant-Boutique“ innerhalb der Deutschen Asset & Wealth Management, zum Einsatz. Quant-Expertise: Kernstück des Sal.-Oppenheim- Quant-Ansatzes ist die unternehmenseigene Datenbank, in der Dutzende Fundamentaldaten für weltweit mehr als 3.600 Aktien gesammelt werden. Die Kölner Analysten und Fondsmanager haben über 200 ökonomische Fakto- ren aus fünf Faktorklassen identifiziert, die potenziell dafür geeignet sind, etwas über die Attraktivität einer Aktie aus- zusagen, zum Beispiel das Kurs-Buchwert-Verhältnis, der Verschuldungsgrad, die Eigenkapitalrendite oder Ände- rungen in den Analysteneinschätzungen. Im zweiten Schritt überprüft das Quant-Team, welche dieser Faktoren die aktuelle Entwicklung an der Börse am besten erklären. Auf Basis dieser Größen werden die Aktien dann als attraktiv oder weniger attraktiv eingestuft. Für die Einzeltitelauswahl wird aus jeder der fünf Faktorklassen mindestens eine Kennzahl berücksichtigt, was die Risikostreuung verbes- sert. Ohne eine solche Maßnahme könnte es passieren, dass in einer Marktphase beispielsweise nur günstig bewertete Aktien im Portfolio landen und in der nächsten bloß Unternehmen mit hohem Gewinnwachstum. Performance: Das über die Jahre weiterentwickelte Modell hat seit 2001 tatsächlich gut funktioniert: Die 20 Prozent der Aktien mit dem höchsten „Attraktivitäts- indikator“ haben den Vergleichsindex deutlich hinter sich gelassen – kumuliert um immerhin rund 80 Prozent. „Am besten funktioniert das Modell allerdings bei der Identifi- zierung der schlechtesten Aktien“, sagte Ferdinand Haas, Co-Head of Active Investments bei der Deutschen AWM, bei der Vorstellung des Global-Contra-Fonds. Und tat- sächlich: Die 20 Prozent der am schlechtesten einge- stuften Titel hinken dem breiten Markt seit 2001 um satte 120 Prozent hinterher. Problem: Auf Basis des Quant-Modells legte Sal. Oppenheim viele indexnahe Strategien für institutionelle Investoren auf, die prinzipiell auch für Privatanleger ge- eignet wären – allerdings nur vor Kosten. Denn die ma- chen den Renditevorteil, den die aufwendige Quant-Pro- zedur im Vergleich zur Benchmark hervorbringt, schnell wieder zunichte. Also entwickelten Haas und seine Kol- legen die Idee für einen Fonds, der sich weit vom Ver- gleichsindex wegbewegen kann und die Nutzung der Quant-Expertise daher auch für ein Produkt mit Privatan- legerkostenstruktur sinnvoll macht: den Global Contra. Portfolio: Für den Global Contra sucht das Modell von Sal. Oppenheim nur unter den 25 Prozent der Aktien, die dem MSCI World am weitesten hinterherhinken. Von die- sen Underperformern kommen schließlich die 50 bis 100 attraktivsten Titel ins Portfolio. „Bei Verliereraktien besteht immer die Gefahr, dass sie noch weiter an Wert verlieren. Es gibt oft genug gute Gründe, warum eine Aktie so billig geworden ist“, sagte Sidorovitch. „Wir wollen keine billi- gen Aktien kaufen, wir wollen gute Aktien günstig kaufen.“ Sie und Brannolte überprüfen einmal im Monat, ob es sich unter Rendite-Risiko-Gesichtspunkten und nach Berücksichtigung der Transaktionskosten lohnt, einige Titel im Portfolio gegen Kandidaten auszutauschen, die das Modell als noch attraktiver erachtet. Rückrechnung: Der Backtest zeigt, dass der Fonds zu- mindest in den vergangenen Jahren sehr attraktive Ren- diten erwirtschaftet hätte: Die Strategie warf seit 2001 im Schnitt sieben Prozent im Jahr ab, rund drei Prozentpunkte mehr als der MSCI World. Die Volatilität lag leicht unter der des MSCI World, der höchste Verlust (Maximum Drawdown) sogar deutlich darunter. Nun sind Rückrech- nungen nichts, worauf sich Anleger und Finanzberater blind verlassen sollten, doch in diesem Fall dürfen die Ergebnisse zumindest als ehrliche Rückschau gelten: Ver- wendet wurden genau die Daten und Faktoren, mit denen Sal. Oppenheim seit 2001 tatsächlich arbeitet, die berücksichtigten Kosten sind realistisch, und der Ansatz, das Modell nur unter den 25 Prozent Underperformern suchen zu lassen, ist recht simpel – auf ein nachträgliches Optimieren dieser Quote wurde verzichtet. Irina Sidorovitch, Sal. Oppenheim: „Wir wollen gute Aktien günstig kaufen.“

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