FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2015
70 www.fondsprofessionell.at | 1/2015 markt & strategie I antizyklisches investieren Foto: © Skypixel | Dreamstime.com D er Dax notiert auf Rekordniveau, ge- nau wie der S&P 500 oder der MSCI World. Ob es da eine gute Idee ist, jetzt noch breit in Aktien zu investieren, wo die alte Kaufmannsregel doch besagt, dass der Gewinn im Einkauf liegt? Vor diesem Hinter- grund ist es kein Wunder, dass das Interesse an antizyklischen Anlagestrategien wieder steigt. Das Kalkül dahinter: Wenn das Gros der Aktien schon so rasant gestiegen ist, sollte es sich auszahlen, auf zuletzt schwache Titel und Märkte zu setzen. Denn dort lauert noch Aufwärtspotenzial, auch im Jahr sechs nach Beginn der weltweiten Börsenrally. Das Argument, dass sich der Kauf abge- strafter Aktien lohnt, weil sich die Kurse eines Tages schon wieder erholen werden, klingt einleuchtend. Doch so simpel, wie die Strate- gie erscheint, ist sie nicht. Damit sie sich aus- zahlt, erfordert sie viel Mut, Disziplin – und einen wirklich langen Anlagehorizont. Standhaftigkeit gefordert „Je reinrassiger der antizyklische Ansatz umgesetzt wird, umso standhafter müssen die Investoren sein“, sagt Christian Rommelfan- ger, Fondsverwalter beim Vermögensverwal- ter SJB Fondsskyline aus dem deutschen Rheinland. „Gerade während eines langen Bullenmarktes werden viele schwach und set- zen doch wieder auf die Gewinneraktien, weil sie nicht mitansehen wollen, wie alle anderen an ihnen vorbeiziehen.“ Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum die Zahl der Contrarian-Fonds mit Vertriebszulassung in Österreich bescheiden ausfällt. Bevor die Deutsche Asset & Wealth Management (Deutsche AWM) ihre Deutsche Invest II Global Contra Strategy auflegte (sie- he Kasten auf Seite 74), analysierte der An- bieter den Markt – und fand keine zehn Fonds von Wettbewerbern, die sich explizit dem an- tizyklischen Investieren verschrieben haben. Und hier hat die Deutsche AWM auch schon einige Recovery-Fonds mitgezählt, deren Ma- nager nach Turnaround-Kandidaten suchen. Puristen würden diese Portfolios wohl nicht unbedingt den Contrarians zuschlagen. Die Abgrenzung ist ohnehin schwierig: Wo liegt etwa der Unterschied zwischen einem Con- trarian- und einem Value-Investor? Viele Va- lue-Investoren würden eine Aktie auch dann kaufen, wenn sie sich im stabilen Aufwärts- trend befindet. Der Contrarian dagegen fühlt sich am wohlsten, wenn der Titel einen veri- tablen Kurssturz hinter sich hat – das vergrö- ßert das Aufholpotenzial und verspricht die größten Gewinne. Wer auf abgestrafte Aktien oder Märkte setzt, darf auch im Jahr sechs der Börsen- rally noch auf stattliche Performance hoffen – aber nur auf ganz lange Sicht. Rendite mit Gegenwind Contrarians führen kein leichtes Leben: Sie kaufen Aktien, die andere verschmähen, und sehen deren Kursen mitunter noch lange Zeit beim Sinken zu. Wer von seinen Investments nicht wirklich überzeugt ist, kapituliert da schnell. Momentum schlägt Contrarian Jens Kummer von Mars Asset Management hat für FONDS professionell vier fiktive Musterportfolios mit historischen Daten für 22 Länderindizes durchgerechnet. Beginnend im Jahr 1990 setzt der Anleger jeweils zu Jahresbeginn auf den MSCI Index des Landes, das im Vorjahr am besten beziehungsweise am schlechtesten abge- schnitten hat. Ersteres wäre eine klassische Momentum-Strategie, Letzteres ein Contrarian-Ansatz. Nach 25 Jah- ren freut sich der Momentum-Investor in DM/Euro gerechnet über eine jährliche Rendite von 12,7 Prozent, wäh- rend der MSCI World nur auf 6,2 Prozent kommt. Der Antizykliker dagegen erwirtschaftet einen Verlust von 0,1 Prozent per annum (jeweils vor Kosten). Auch wenn das Geld zu gleichen Teilen auf die jeweils drei besten oder schlechtesten Börsen des Vorjahres verteilt wird, fällt das Ergebnis deutlich aus (siehe Grafik): Momentum schlägt Contrarian – zumindest dann, wenn die Investments jeweils nur ein Jahr gehalten werden. Quelle: Mars Asset Management 300 500 700 900 1.100 1.300 1.500 1.700 1.900 2.100 2.300 2.500 2.700 91 92 93 94 95 96 97 98 99 01 02 03 04 05 06 07 08 09 11 12 13 14 1990 2000 2010 100 Portfolios indexiert; 31.12.1989 = 100 Portfolio „Vorjahressieger“ Portfolio „Drei Vorjahressieger“ Portfolio „Vorjahresverlierer“ Portfolio „Drei Vorjahresverlierer“ MSCI World
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