FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2015

bank & fonds I dr. rober t moser | projekt bank für gemeinwohl 200 www.fondsprofessionell.at | 1/2015 W enn es dem Projekt der Bank für Gemeinwohl BfG gelingt, die regu- latorischen Hürden zu überspringen, könnte heimischen Banken schon bald eine Konkurrenz erwachsen, die einiges Um- denken erfordern wird. Denn das von vielen Prominenten unterstützte Projekt unterschei- det sich deutlich von den am Markt befind- lichen Instituten. So will die Bank mit künf- tigen Krediten nur Vorhaben, die dem Gemeinwohl dienen, fördern. Im Interview er- klärt Robert Moser, Vorstand der BfG Eigentümer und Verwaltungsgenossenschaft, die Hintergründe des neuen Unternehmens und warum er als ehemaliger Sparkassen- Vorstand seinen sicheren „Hafen“ verlassen hat, um in einer schwierigen Zeit eine neue Bank zu gründen. Herr Dr. Moser, wie entstand die Idee der Bank für Gemeinwohl? Dr. Robert Moser: Die Idee hatte Christian Felber, Gründungsmitglied von Attac Öster- reich und Vorstand des Vereins zur Förderung und Gründung einer Demokratischen Bank, nach der Bankenkrise 2008. Felber hat die „Gemeinwohl-Ökonomie“ wesentlich beein- flusst, sein Konzept beruht – wie eine Markt- wirtschaft – auf privaten Unternehmen und individueller Initiative, jedoch streben die Betriebe nicht in Konkurrenz zueinander nach Finanzgewinn, sondern sie kooperieren mit dem Ziel des größtmöglichen Gemeinwohls. Dieses Ziel verfolgen wir auch mit dem Pro- jekt der Bank für Gemeinwohl. Sie waren bis vor Kurzem selbst noch Vorstand bei der Sparkasse Kitzbü- hel – warum haben Sie diesen sicheren Hafen verlassen? Die Bankenlandschaft hat sich in den vergan- genen 30 Jahren extrem verändert. Das Bank- geschäft hat sich von der realen Wirtschaft immer mehr abgekoppelt. Früher hat die Bank den Menschen geholfen, ihre Träume zu ver- wirklichen, und auch die Genossenschafter waren viel näher an der Bank als heute. Das sollte sich meiner Meinung nach wieder ändern. Bereits in meiner Tätigkeit als Vor- stand der Sparkasse Kitzbühel habe ich mir schon über die Sinnhaftigkeit des Bankge- schäfts Gedanken gemacht und gewisse Ge- schäfte abgelehnt. Für das Gemeinwohl im Ganzen hätte man allerdings mehr machen können. Ich finde es daher wichtig, sich als Bank wieder auf Einlagen und Ausleihungen zu konzentrieren. Jene Leute, die Einlagen machen, sollen nicht nur wissen, sondern auch mitbestimmen, wofür ihr Geld verwendet wird. Heute haben die Bankkunden in der Regel ja keine Ahnung, ob ihr Geld nicht viel- leicht in Atomkraft oder Glücksspiel investiert wird oder die Abholzung des Regenwaldes fördert. Beim Projekt der Bank für Gemein- wohl wird es daher der Hauptzweck sein, das Geld in Bereiche zu investieren, die dem Ge- meinwohl dienen. Sie sprechen vom „Projekt“: Wie weit ist man mit der Bank, und wie sieht Ihr Zeitplan aus? Da wir aktuell noch keine Bankkonzession haben, müssen wir aus rechtlichen Gründen noch vom Projekt der Bank für Gemeinwohl sprechen. Für die Bankkonzession müssen wir nun sechs Millionen Euro einsammeln. Der Plan sieht vor, dass wir in mehreren Phasen das notwendige Startkapital aufbringen. In der derzeitigen ersten Phase wird es ein Private Placement für 149 Personen geben, die das nichtöffentliche Angebot zeichnen können. Anfang März sollen mit diesen Mitteln der Kapitalmarktprospekt und das Online-Zeich- nungstool fertiggestellt werden. Danach wer- den wir in der zweiten Phase die rund 6.000 Mitglieder des Gründungsvereins sowie der Newsletter- und Facebook-Community einla- den, zu zeichnen. Erst in der dritten Phase kann sich die gesamte Öffentlichkeit an der Gründung beteiligen. Am Ende rechnen wir mit 40.000 Genossenschaftsmitgliedern. Wir möchten, dass die Bank aus der Zivilgesell- schaft heraus entsteht, und sind sehr zuver- sichtlich, dass wir sie Mitte nächsten Jahres gründen können. Wie kann man Genossenschaftsmit- glied werden? Jedes Genossenschaftsmitglied muss mindes- tens 200 Euro zeichnen. Das Maximum sind 100.000 Euro. Das gewährleistet die Unab- hängigkeit von Großanlegern, was vor allem dann wichtig ist, wenn diese ihr Geld wieder abziehen wollen. Es ist dabei egal, wie viel jemand zeichnet, jeder hat nur eine Stimme. Wie wird das mit den Stimmrechten in der Praxis aussehen, wenn alle 40.000 gleichberechtigt sind? Da sind wir gerade dabei, die Instrumente zu finden. Entweder kann jeder mitstimmen, es Foto: © Günter Menzl Dr. Robert Moser , Vorstand der BfG Eigentümer und Verwaltungsgenossenschaft, im Interview über das Projekt der Bank für Gemeinwohl, die Zukunft der heimischen Bankenlandschaft und warum die Rückbesinnung auf ihre Wurzeln vielen Genossenschaftsbanken helfen würde. » Wir möchten, dass die Bank aus der Zivilgesellschaft heraus ent- steht, und sind sehr zuversichtlich, dass wir sie Mitte nächsten Jahres gründen können. « Dr. Robert Moser, BfG Eigentümer und Verwaltungsgenossenschaft „Rechnen mit 40.000 Geno Zur Person: Dr. Robert Moser Dr. Robert Moser, 57, studierte Betriebswirtschafts- lehre an der Universität Innsbruck. Der Lienzer begann seine Bankkarriere im Jahr 1978 bei der Bank für Tirol und Vorarlberg Lienz, wechselte danach zur Lienzer Spar- kasse und war mit 31 schon Vorstand der Sparkasse Tamsweg. 1993 wechselte er zur Sparkasse der Stadt Kitzbühel und war dort bis Anfang 2014 ebenfalls als Vorstand tätig. Im Jahr 2014 schloss Moser sein Ma- sterstudium der Psychologie an der Universität Innsbruck erfolgreich ab und verabschiedete sich vom herkömm- lichen Bankgeschäft, um Projektleiter der in Gründung befindlichen „Bank für Gemeinwohl“ zu werden. Mittler- weile ist Moser Vorstand der BfG Eigentümer und Ver- waltungsgenossenschaft.

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