FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2015

150 www.fondsprofessionell.at | 1/2015 vertrieb & praxis I kammerwahlen 2015 Foto: © Petra Spiola D ie Kammerwahlen 2015 sind Ge- schichte, und sie endeten aus Sicht der Fachgruppe der Finanzdienstleister in der Bundeshauptstadt mit einem überraschen- den Ergebnis. Die Empörung über das Zu- standekommen macht die Frage nach der Stimmenverteilung allerdings zur Nebensa- che. Im Raum stehen auch nach dieser Wahl Manipulationsvorwürfe. Der Österreichische Wirtschaftsbund weist diese zwar mit Verweis auf das Kammerwahlgesetz als haltlos zurück, Fakt ist aber, dass die Konserva- tiven keine Absolute hätten, wären nur jene Stimmen berücksichtigt worden, die in mehr als 100 Wie- ner Fachgruppen auch tatsächlich für ihn und keine andere Liste ab- geben wurden. Dass es am Ende doch so kam, machten Zurechnungen sogenannter Einheits- und überparteilicher Namenslisten möglich. Die politischen Gegner äußerten zwar auch nach der Wahl Zweifel daran, ob die Zählung tatsächlich rechtlich zu hundert Prozent ge- deckt ist, da niemand der Sache nachgehen wird, werden wir das voraussichtlich auch niemals erfahren. Der Fall zeugt jedenfalls vom fragwürdigen Demokratieverständnis der Kämmerer und ist Wasser auf die Mühlen je- ner, die seit Jahren eine Reform der Wahlord- nung fordern. Die wünschen nicht nur eine bessere Kontrolle der Zurechnungen, sondern ein insgesamt gerechtes Stimmengewicht. Einpersonenunternehmen, so einer der Kritikpunkte, sind in der Kammer unterrepräsentiert, obwohl sie die Mehrheit der Mitglieder stellen. „Ein geiler Berufsstand“ In der Bundeshauptstadt haben die Kammermitglieder ihren Unmut über die Politik ihrer bisherigen Standesvertre- ter jedenfalls zum Ausdruck ge- bracht: Der ÖVP-Wirtschaftsbund bekam mit 29,6 Prozent der Stim- men zwölf Prozentpunkte we- niger als 2010. Die Mandatsmehrheit ist damit weg, ein Machtwechsel innerhalb der Fach- gruppe realistisch. Das Ergebnis der Obmann- wahl (18. März) war zu Redaktionsschluss zwar noch nicht bekannt, es ist aber davon auszugehen, dass der Bund und der Sozial- demokratische Wirtschaftsverband (SWV) das Rennen unter sich ausmachen werden (mehr dazu finden Sie in der aktuellen Berichter- stattung auf FONDS professionell ONLINE). Mit einem Plus von 3,2 Prozentpunkten ist der SWV nun stimmenstärkste Partei in Wien. Spitzenkandidat Oliver Walla zeigt sich über den Wahlausgang auch gar nicht überrascht und meldet auch gleich Führungsansprüche an: „Klar möchte ich Obmann werden. Es ist ein geiler Berufsstand, und man kann viel erreichen. Das Ergebnis hat schon seinen Grund.“ Der akademische Finanzdienstleister, Versicherungsagent und gewerbliche Ver- mögensberater möchte im Fall einer erfolg- reichen Kandidatur präsenter sein als sein Vorgänger – sowohl für Mitglieder der Fach- gruppe als auch für das breite Publikum. Eine Interessenvertretung müsse transparent sein, über die Belange ihrer Berufsgruppe informie- ren und Probleme aus der Praxis auf das politische Tapet bringen. Prietl zurückgetreten Wallas Programm ist ein unausge- sprochener Vorwurf an seinen Vorgän- ger, diese Dinge nicht getan zu haben. Siegfried Prietl zog als Fachgruppenob- Der Wirtschaftsbund hat seine absolute Mehrheit in fast allen Kammern gehalten. Ein Blick auf das Wahlergebnis zeigt aber, dass seine Vormachtstellung bröckelt. Ruf nach Machtwechsel „Das Ergebnis hat schon seinen Grund.“ Wahl- sieger Oliver Walla, Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband, möchte Fach- gruppenobmann in Wien werden. Finanzdienstleister Zu vergebende Mandate: 105 – Wahlrechte: 6.431 – Wahlbeteiligung: 51,95 % – ungültige Stimmen: 125 Österreich Wien NÖ OÖ Salzburg Steiermark Kärnten Tirol Vorarlberg Burgenland ÖWB 1 52,3 % (–2,9) 29,6 % (-12,0) 53,1 % (+4,2) 69,6 % (+1,1) 56,5 % (-6,2) 67,2 % (-1,3) 49,7 % (+2,3) 58,3 % (+1,3) 84,3 % (+19,9) 67,1 % (+12,7) SWV 2 16,7 % (+1,3) 32,1 % (+3,2) 12,5 % (+3,0) 6,2 % (-0,3) 12,6 % (-9,4) 6,6 % (-1,6) 25,9 % (+7,7) 7,8 % (+0,1) 2,8 % (-23,5) 17,6 % (+1,3) RfW 3 10,3 % (-4,2) 1,7 % (-11,7) 18,8 % (+1,6) 9,0 % (+1,0) 5,9 % (-2,5) 19,6 % (+5,2) 17,5 % (-10,0) 13,7 % (-5,9) 3,7 % (-5,6) 15,3 % (-5,2) Grüne 4 4,4 % (+1,4) 3,5 % (+0,6) 4,1 % (+1,4) 3,9 % ( n.a.) 5,4 % (-1,7) 6,6 % (+3,7) 7,0 % (-0,1) 8,3 % (+3,1) , n.a. , n.a. (-0,6) FPÖ 5 4,5 % (+3,8) 15,3 % (+12,3) , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. (-8,2) UNOS 6 4,1 % ( n.a.) 10,5 % (+10,5) , n.a. , n.a. 13,4 % ( n.a.) , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. UWF 7 5,6 % (-1,0) 7,3 % (+0,3) 5,0 % (-5,5) 11,3 % (-5,6) , n.a. , n.a. , n.a. 11,8 % (+1,4) , n.a. , n.a. UFDL 8 1,3 % (-2,4) , n.a. (-3,4) 6,6 % (-4,8) , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. FWS 9 0,5 % ( n.a.) , n.a. , n.a. , n.a. 6,3 % ( n.a.) , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. PUI 10 0,0 % (-1,0) , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. (-5,9) , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. VW 11 0,3 % (+0,3) , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. , n.a. 9,3 % ( n.a.) , n.a. 1 Österreichischer Wirtschaftsbund 2 Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband 3 Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender 4 Grüne Wirtschaft 5 Freiheitliche Wirtschaft – für Unabhängige und pro Mittelstand 6 Unternehmerisches Österreich 7 Unabhängiges Wirtschaftsforum 8 Unabhängige Finanzdienstleister 9 Freiheitliche Wirtschaft Salzburg 10 Parteifreie Unabhängige Interessengemeinschaft 11 Vorarlberger Wirtschaftsverband Quelle: wko.at

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