FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2015
115 www.fondsprofessionell.at | 1/2015 ihrem Rentenportfolio verdient haben, gehen davon aus, dass ihr Ertrag bei einer Ver- schlechterung der Situation auf vielleicht vier statt bisher sechs Prozent zurückgehen wird, aber nicht davon, dass unterm Strich allenfalls eine Null vor dem Komma einer nur noch hauchdünnen Performance stehen würde.“ Seiner Ansicht nach betrifft das auch, wenn auch vielleicht in abgeschwächter Form, die meisten klassischen Misch- oder Multi-Asset- Fonds, weil auch diese sich für den defen- siven Teil ihres Portfolios nach wie der Anleihenmärkte bedienen. Ein erhebliches Problem, das auch die Altersvorsorge über Lebensversicherungen, deren Funktionsweise das Buch sehr detailliert analysiert, für die nahe Zukunft in Frage stellt. Denn auch die Versicherungsgesellschaften legen – aufgrund ihrer Anlagevorschriften notgedrungen – einen Großteil der Beiträge ihrer Kunden am Rentenmarkt an. Das gefährde nicht nur die Möglichkeit zur Einhaltung der Garan- tiezinsversprechen von Lebensversicherern. „Auch deren Ertragsprognosen gehören unbedingt auf den Prüfstand“, so Sauren. „Denn diese Vorhersagen für die Zukunft basieren nach wie vor auf den erzielten Er- gebnissen der Vergangenheit. Das ist geradezu fatal angesichts der Erkenntnis, dass in Zukunft nicht die Vergangenheitsergebnisse, sondern ganz andere Gesetzmäßigkeiten die weitere Entwicklung des Marktes bestimmen werden.“ Lösungsansätze Die sich aufdrängende Frage, ob denn wenigstens die Aktie einen Ausweg darstellt, beantwortet Sauren so: Angesichts vergleichs- weise attraktiver Dividendenzahlungen, die deutsche und internationale Aktien zum Teil derzeit abwerfen, sind sie in gewisser Weise eine Lösung. Das sei ein Grund dafür, dass es an den Aktienmärkten zuletzt zu erheblichen Kursgewinnen gekommen sei. Aber auch wenn sich die aktuell niedrigen Zinsen vor allem aufgrund der damit gesunkenen Refi- nanzierungskosten der der Unternehmen vorerst noch eher positiv auf die Aktienmärk- te auswirken würden, dürfe man eines nicht vergessen: Sobald der Zinstrend nach oben drehe, würden viele Investoren ihre Aktien- investments zugunsten der dann wieder attraktiver werdenden Rentenmärkte auf den Prüfstand stellen. Zudem sei der Aktienmarkt wesentlich höheren Schwankungen unter- worfen und schon deshalb keine alleinige Al- ternative für Anleger, die das Risiko scheuen. Und wo liegt dann die Lösung? „Im aktu- ellen Niedrigzinsumfeld stellt eine sinnvolle Portfoliopositionierung eine besondere Her- ausforderung dar“, räumt Eckhard Sauren ein. Ein Anleger sollte sich seiner Ansicht nach die Frage stellen, wie er sein Portfolio unter den heutigen Bedingungen neu aufbauen würde. „In vielen Fällen wird er dabei feststellen, dass sein bestehendes Portfolio in Positionen investiert ist, die er unter den derzeitigen Rahmenbedingungen erst gar nicht kaufen würde“, so Sauren, der aus seinen eigenen Gesprächen weiß, dass selbst viele Fondsma- nager und sogar institutionelle Investoren diesen im Grunde einfachen Grundsatz nicht einhalten, ganz zu schweigen von Privatan- legern und ihren Beratern. Nicht verwundern kann am Ende sein Vorschlag, dass Anleger sich stärker in flexibel gemanagten Renten- fonds und Absolute-Return-Fonds engagieren sollten. Ihre Expertise in diesen Segmenten haben die Kölner schon mehrfach unter Beweis gestellt und mit ihren eigenen Dach- fonds sehr gute Ergebnisse erzielt. Was man den Buchautoren zugute halten muss: Ihr Buch ist keine Werbung für die eigenen Pro- dukte geworden, sondern eine lesenswerte und umfassende prognosefreie Bestandsauf- nahme der aktuellen Situation an den Kapi- talmärkten. HANS HEuSER | FP Das Dilemma am Rentenmarkt Was ein Zinsanstieg gerade für die Rentenmärkte bedeu- tet, verdeutlicht ein Blick in die Vergangenheit, in der es zwischenzeitlich immer Phasen ansteigender Kapital- marktzinsen gegeben hat. Die Grafik zeigt das Ergebnis: temporär deutliche Kursverluste bei festverzinslichen Anleihen. Im orange markierten Zeitraum vom 31. März 1978 bis 31. August 1981 stieg die Umlaufrendite in Deutschland von 5,2 auf 11,2 Prozent, was zu deutli- chen Kursverlusten bei Bundesanleihen und zu einem Rückgang des REX Kursindex um 21,7 Prozent führte. Warum das Anlageergebnis eines Anlegers dennoch nicht negativ ausfiel: Das damals relativ hohe Zinsniveau bot einen Puffer, und so wurde der Wertverlust durch die in den 3,5 Jahren vereinnahmten Zinsen in Höhe von ins- gesamt 22,5 Prozent vollständig ausgeglichen. Infolge- dessen konnte der REX Performanceindex in diesem Zeit- raum trotz der Kursverluste einen leichten Wertzuwachs von 0,8 Prozent verzeichnen. Jedes der einzelnen Kalen- derjahre wie auch Teiljahreszeiträume waren von Kursver- lusten (siehe Ergebnisse REX Kursindex) gekennzeichnet. Bis auf das Teiljahr 1981 reichten die vereinnahmten ho- hen Zinsen jedoch aus, um die Kursverluste mehr als auszugleichen (siehe Ergebnisse REX Performanceindex). Heute ist die Ausgangslage jedoch eine vollkommen an- dere als damals: Die aktuelle Umlaufrendite in Höhe von 0,16 Prozent bietet keinen ausreichenden Puffer mehr, um die Kursverluste bei festverzinslichen Wertpapieren auch nur ansatzweise auszugleichen, die im Fall eines Anstiegs der Kapitalmarktzinsen zu erwarten sind. Gera- dezu dramatisch würde sich ein abrupter Zinsanstieg auf die Anleihenkurse auswirken. Sauren Fonds-Research hat nachgerechnet: Steigt die Umlaufrendite von 0,6 auf vier Prozent, bedeutet das für eine Anleihe mit acht Jahren Restlaufzeit einen Kursverlust von rund 23 Prozent. Bei einer kürzeren Restlaufzeit würde das Minus immer noch zwölf Prozent betragen. Aber selbst wenn der Zinsanstieg nur schrittweise über ein Jahr erfolgt, läge der Kursverlust einer Anleihe mit einer Restlaufzeit von vier Jahren immer noch bei rund elf Prozent. Trotz der leichten Abmilderung ändert sich also nichts an der grundlegenden Tendenz. Ergebnisbeiträge von Zinsen und Kursgewinnen im REX Performanceindex Zeitraum REX-Performanceindex Zinsanteil REX-Kursindex 31. März 1978 bis 31. August 1981 0,80 % 22,50 % -21,70 % 31. März 1978 bis 31. Dezember 1978 0,60 % 5,00 % -4,40 % 1. Januar 1979 bis 31. Dezember 1979 0,50 % 7,00 % -6,50 % 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1980 3,10 % 7,50 % -4,40 % 1. Januar 1981 bis 31. August 1981 -3,30 % 5,10 % -8,40 % Quelle: Deutsche Bundsbank, Sauren Fonds-Research AG 1970 1980 1990 2000 2010 0 % 55 2 % 75 4 % 85 6 % 110 8 % 115 10 % 130 12 % 145 – Umlaufrendite (linke Achse) – REX Kursindex (rechte Achse)
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