Die Wirtschaft brummt, die Zinsen sind niedrig. Der daraus resultierende Optimismus spiegelt sich nicht zuletzt in einer deutlich gestiegenen Vergabe von Wohnbaukrediten an private Haushalte wider. 2017 lag das Wachstum bei den privaten Wohnbaukrediten bei 4,5 Prozent (2013: plus zwei Prozent). Das Problem: Aufgrund des harten Wettbewerbs unter den Banken dürfen Kreditnehmer immer häufiger Spielräume weit über ein sinvolles Maß hinaus strapazieren, moniert die Finanzmarktaufsicht FMA. Diese hat das Verhalten der Banken besonders im Vorjahr unter die Lupe genommen und will nun bei einzelnen Instituten Besserung sehen.

Zunehmend verlangen die Banken zum Beispiel einen Eigenmittelanteil von weniger als 20 Prozent – eine Marke, die bisher als üblicher Mindestwert galt. Und punkto Laufzeiten, wo 30 Jahre als lang galten, werden teilweise Kredite vergeben, die 40 Jahre laufen. Das Höchstalter am Laufzeitende liegt manchmal bereits bei 80 Jahren. Eine Faustregel besagt, dass der Kredit eigentlich mit Pensionsantritt zurückgezahlt sein sollte. Schließlich wird nach dem Erwerbsleben das verfügbare Einkommen selten größer.

"Kredite nicht mit Haushaltseinkommen vereinbar"
"Das Strecken der Laufzeiten erweckt den Eindruck, dass das in einigen Fällen genutzt wird, den Kredit vergebbar zu machen, der eigentlich mit dem Haushaltseinkommen nicht vereinbar ist", so FMA-Vorstand Ettl.

Ein Rechenbeispiel zeigt, wie sehr die optisch günstige Monatsrate bei längeren Laufzeiten schnell zur Kostenfalle wird: Ein Hypothekarkredit über 200.000 Euro und einem Zinssatz von zwei Prozent kostet den Kreditnehmer bei einer Laufzeit von 20 Jahren insgesamt 242.824 Euro (monatliche Rate 1.012 Euro), bei dreißig Jahren liegt die Gesamtsumme schon bei 266.126 Euro (monatlich nur 739 Euro), bei 40-jähriger Laufzeit sind es gesamt schon 290.713 Euro (monatlich 606 Euro).

In der Kritik stehen bei der FMA außerdem Incentives, mit denen die Banken die Kunden locken: Zum Beispiel, wenn die ersten Jahre tilgungsfrei gestellt werden und es nur eine kurze niedrige Fixzinsphase gibt. "Eine variable Verzinsung erhöht das Risiko für Kreditnehmer stark. 4,5 Prozent Verzinsung sind keine historische Ausnahme sondern eher die Normalsituation", warnt Ettl. Ein Zinssatz von 1,2 Prozent bedeutet zum Beispiel bei einem Hypothekarkredit mit 20 Jahren Laufzeit, dass der Kreditnehmer 938 Euro im Monat oder insgesamt 225.059 Euro zurückzahlen muss. Eine Fixbindung für zwei Jahre mit 1,2 Prozent und danach ein durchschnittlicher Zinssatz von 4,5 Prozent hingegen bedeuten eine monatliche Rate (ab Jahr 3) von 1.232 Euro und insgesamt 288.513 Euro.

FMA stellt den Banken die Rute ins Fenster
Man sehe noch kein Systemrisiko wie etwa 2008 bei den Fremdwährungskrediten. Die FMA sei mit den einzelnen Instituten im Gespräch, um die Probleme zu adressieren. "Wir schauen uns an, ob es eine Verhaltensänderung gibt", so Kumpfmüller, der sich zuversichtlich gibt. Auch in anderen Bereichen, etwa den Informationspflichten für die Einlagensicherung oder Basiskonto, hätten die Aufforderungen der Behörde Wirkung gezeigt.

Neu unter Beobachtung steht übrigens auch die anziehende beziehungsweise teils aggressive Vergabe von Konsumkrediten. "Wir beobachten das im Moment sehr genau", sagen beide Vorstände. Genaueres wollten sie nicht bekannt geben.

"Wir sind in einer Aufschwungphase. Wenn man nicht aufpasst, werden in Aufschwungphasen die NPLs der nächsten Krise aufgebaut. Wir sind jetzt sehr aufmerksam in der Analyse der Kreditvergabekriterien gemeinsam mit den Banken", meint Ettl. (eml)